Einmal nach China und zurück

Eine BBC-Journalistin kündigt wegen ungleicher Bezahlung von Frauen und Männern

  • Maria Jordan
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach über 30 Jahren Berufserfahrung verlässt die BBC-Journalistin Carrie Gracie ihren Posten als China-Expertin, weil sie deutlich weniger verdient als ihre männlichen Kollegen. Der Sender will von dem Problem nichts wissen. Mit ihrem Ausstieg will sie auf den sogenannte Gender Pay Gap (Gehaltslücke zwischen den Geschlechtern) hinweisen. Ihre Position schildert sie in einem offenen Brief.

Gracie erklärt, dass sie selbst und viele ihrer Kolleginnen bei der britischen Sendeanstalt bereits individuell in Verhandlungen mit dem Management getreten seien, um eine gleichberechtigte Bezahlung zu erreichen. Im Juli vergangenen Jahres musste der öffentlich-rechtliche Sender Gehaltszahlen von Mitarbeitern bekannt geben, die mehr als 150 000 Pfund im Jahr verdienen. Dabei stellten Gracie und etwa 200 andere BBC-Mitarbeiterinnen fest, dass ihre männlichen Kollegen für die gleiche Arbeit über 50 Prozent mehr Geld erhalten. Dies zeige, dass die Arbeit der weiblichen Angestellten weniger wertgeschätzt werde, so Gracie. Laut der Redakteurin leugnet die BBC trotz dieser Zahlen, dass bei dem Sender ein Pay Gap existiert.

Die Erklärung, die Lohnunterschiede kämen durch unterschiedliche Verantwortlichkeiten auf den Positionen zustande, akzeptierte Gracie nicht. Bevor sie ihre Stelle als China-Expertin in Beijing antrat, forderte sie von der BBC die gleiche Bezahlung wie ihre männlichen Kollegen. »Dabei ging es mir nicht um eine Gehaltserhöhung«, so Gracie. Die Höhe des Verdienstes sollte der Sender festlegen, doch er sollte angeglichen sein. Statt dieser Gleichbehandlung, die seit 2010 auch vom Gesetzgeber vorgeschrieben ist, bot man der Journalistin eine großzügige Gehaltserhöhung an - die trotz allem weit von einer Lohngleichstellung entfernt gewesen sei. Dieses Angebot lehnte Gracie ab, sie arbeitet inzwischen wieder in ihrer vorherigen Position im Londoner TV-Newsroom.

Die BBC selbst beharrt auf ihrer Position, dass es keine Lohnlücke zwischen den Geschlechtern gebe. Man habe eine Prüfung der Gehälter vorgenommen, die eine gleichberechtigte Bezahlung aller Mitarbeiter der Rundfunkanstalt zeige. Laut Gracie seien dabei jedoch jene Frauen außen vor gelassen worden, bei denen die Lohnlücke am größten ist. Davon betroffen seien unter anderem Frauen, die ethnischen Minderheiten angehören.

Die einzigen Frauen, die sicher seien, in Gehaltsfragen nicht aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert zu werden, sind laut Gracie jene, deren Gehälter öffentlich sind. Dass der männliche Newsdirector der BBC 340 000 Pfund im Jahr verdient, ist bekannt. Dementsprechend verdient die Frau auf gleicher Position - auch ihr Gehalt ist publik. Dort, wo die Gehälter nicht öffentlich sind und auch die Mitarbeiterinnen nicht wissen, wie viel ihre männlichen Kollegen verdienen, seien Frauen bei der BBC »angreifbar«, wie Gracie sagt.

Sie fordert von ihrem Arbeitgeber deshalb eine transparente Gehaltspolitik - und die Schließung der Einkommenslücke. Viele Frauen bei der BBC, aber auch einige männliche Kollegen drücken öffentlich ihre Unterstützung für Gracie aus. »Der BBC verdient ein Talent wie sie nicht, wenn sie nicht gleich bezahlt«, twittert die Journalistin Jacqui Smith. Gracie sagte in einer BBC-Radiosendung, die große Anteilnahme zeige, wie »tief das Verlangen nach gleichberechtigter, fairer und transparenter Bezahlung« sei.

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