Visionäre der Herzmedizin

Nach langen Verhandlungen: Charité und Deutsches Herzzentrum Berlin fusionieren

Im Dezember noch drohten die Verhandlungen zu scheitern. Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) verkündete nur wenige Tage vor Weihnachten, eine Einigung in der schwierigen Gesellschafterstruktur für ein neues Herz- und Kreislaufzentrum sei nicht gelungen. Eine Fusion der Charité mit dem Deutschen Herzzentrum Berlin rückte damit in die Ferne. Für den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), der auch Wissenschaftssenator ist, wäre dies eine herbe Schlappe gewesen. Schließlich hatte der Senat bereits im September 2016 beschlossen, beide Einrichtungen enger zusammenzuführen. Vor allem an den Finanzfragen hätten die Gespräche zuletzt stagniert, blickte Müller am Mittwoch vor Journalisten noch einmal auf die schwierigen Verhandlungen zurück.

Letztlich konnte man sich doch einigen. Der Regierende sprach am Mittwoch von einem »Leuchtturm« der Berliner Wissenschaftslandschaft. In einem Saal des Deutschen Herzzentrums saßen die Verhandlungsführer beider Einrichtungen sichtbar gut gelaunt und dankten Müller für den »Weckruf« über die Weihnachtsfeiertage. »Noch in diesem Jahr wollen wir eine gemeinnützige GmbH gründen, um das Universitäre Herzzentrum Berlin auf den Weg zu bringen«, sagte Karl Max Einhäupl, Vorstandsvorsitzender der Charité, die in der künftigen Gesellschaft die strategische Führung übernehmen soll. Sie erhält 51 Prozent der Anteile, das Deutsche Herzzentrum Berlin 49 Prozent. Investitionspläne sollen einstimmig beschlossen werden, Wirtschaftspläne mehrheitlich.

Probleme bereiteten auch die unterschiedlichen Rechtsformen. Während die landeseigene Charité eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, ist das Deutsche Herzzentrum eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts. Durch die Einigung sieht der Stiftungsratspräsident des Deutschen Herzzentrums, Reinhard Uppenkamp, den Zweck der Stiftung nun gewahrt. Der sehe »qualitativ herausragende Leistungen in der Krankenversorgung und der Forschung sowie eine vorrangige, umfassende und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Charité« vor, erläuterte Uppenkamp in einer Mitteilung.

Welche Vorteile hat nun aber ein Zusammenschluss, für den auf dem Standort des Virchow-Klinikums ein schätzungsweise 300 Millionen teurer Neubau vorgesehen ist? Charité-Chef Einhäupl sieht darin die Chance, insbesondere die Herzforschung voranzubringen. Beide Einrichtungen hätten nun nämlich die Möglichkeit, ihre Kompetenzen zu bündeln.

Das neue Zentrum soll campusübergreifend an drei Standorten organisiert werden. Dies begrüßte der Ärztliche Direktor der Charité, Ulrich Frei, ausdrücklich. So werden die Kliniken für Kardiologie am Campus Benjamin Franklin und am Campus Charité Mitte Teil des neuen Herzzentrums werden. Die technischen Entwicklungen der vergangenen Jahre hätten zu einer Auflösung der festen Grenzen der Disziplinen geführt. Während das Deutsche Herzzentrum auf die Herzchirurgie spezialisiert sei, setze die Charité ihre Kompetenz auf die Kardiologie. »Das passt gut zusammen, um sich zu ergänzen«, sagte Frei.

Von dem neuen Herzzentrum versprechen sich Mediziner beider Einrichtungen, künftig in der Lage zu sein, »Innovationstreiber« in der europäischen Herz-Kreislauf-Forschung zu werden. Die Größe des neuen Herzzentrums sei aber keineswegs ein Selbstzweck, sondern spiele eine wichtige Rolle für die Qualität der Behandlung, wie Volkmar Falk, Ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin, erläuterte. »Nur in fachübergreifenden Herzzentren können hoch spezialisierte Teams eingesetzt werden, die dank hoher Fallzahlen über eine entsprechende Routine und damit über die Behandlungssicherheit verfügen.«

Das neue Herzzentrum wird also nicht nur dem Renommee des Wissenschaftsstandortes Berlin zuträglich sein, sondern vor allem dem Wohle der Patienten dienen.

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