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Vorstand der Berliner SPD gegen Bündnis mit der Union

Neuauflage der Großen Koalition stößt in der Hauptstadt auf Ablehnung, Brandenburger Genossen sind dagegen für Regierungsbeteiligung

  • Jérôme Lombard und Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist eine erneute Schlappe für den SPD-Bundesvorsitzenden Martin Schulz: Die Berliner SPD hat sich am späten Montagabend gegen die Neuauflage der Großen Koalition mit CDU/CSU auf Bundesebene ausgesprochen. Mit einer breiten Mehrheit von 21 zu acht Stimmen nahm der Landesvorstand der Partei am späten Montagabend einen Antrag der Jusos an, der sich gegen Koalitionsverhandlungen ausspricht und eine Regierungsbeteiligung ablehnt.

»Ich freue mich, dass unser Antrag mit einer so großen Mehrheit angenommen wurde«, sagte die Juso-Landesvorsitzende Annika Klose am Dienstag dem »neuen deutschland«. Es seien keineswegs nur ausgesprochene Parteilinke gewesen, die gegen die Große Koalition gestimmt hätten. »Das breit getragene Votum zeigt, wie groß der Unmut in der SPD über die Pläne der Parteispitze ist«, sagte Klose.

Dem klaren Nein des Vorstandes des Berliner SPD war eine hitzige inhaltliche Diskussion vorausgegangen. »In der Debatte konnten wir Jusos Überzeugungsarbeit leisten, dass die Sondierungsergebnisse nichts mit sozial gerechter Politik zu tun haben«, sagte Klose. Die SPD dürfe vor Modellen wie einer Minderheitsregierung oder auch Neuwahlen nicht zurückschrecken.

Der SPD-Landesvorsitzende und Regierende Bürgermeister Michael Müller sprach nach der Sitzung von einer »solidarisch abwägenden Diskussion«. »Insbesondere die Passagen zu Wohnungsbau und Mieten sowie Teile zu Migration und Integration sind in dem Sondierungspapier nicht zufriedenstellend beantwortet worden«, erklärte Müller. Auch das Fehlen des wichtigen Projekts der Bürgerversicherung sei sehr enttäuschend. Auch deshalb sei der No-GroKo-Antrag der Jusos angenommen worden. Der SPD-Landeschefs selbst stimmte nichtsdestotrotz für eine Regierungsbeteiligung mit der Union. Dies taten dem Vernehmen nach auch weitere prominente Parteifunktionäre wie die Neuköllner Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey, Berlins Innensenator Andreas Geisel und die Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, Angelika Schöttler.

Ganz anders als ihre beiden Bundestagskollegen Cansel Kiziltepe und Swen Schulz aus Berlin ist auch Eva Högl eine Anhängerin der GroKo. »Die SPD hat viele ihrer Inhalte durchgesetzt«, schreibt Högl mit Blick auf das 28 Seiten starke Sondierungspapier auf ihrer Internetseite.

Ähnlich unterstützt wird eine Neuauflage eines Bündnisses der Sozialdemokraten mit den Unionsparteien auch in Brandenburg. Hier sprach sich der SPD-Landesvorstand am Montagabend mehrheitlich für Koalitionsgespräche aus. »Wir wollen in den Koalitionsverhandlungen für die Menschen in Deutschland das Beste herausholen«, sagte Brandenburgs SPD-Landeschef und Ministerpräsident Dietmar Woidke. Er betonte, die SPD habe in den Sondierungsgesprächen »zahlreiche sozialdemokratische Kernanliegen« durchgesetzt. Eine Große Koalition wäre deshalb aus Brandenburger Sicht viel besser als ein Jamaika-Bündnis. Auch die SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag wünschte sich am Dienstag, dass der Bundespartei der SPD am kommenden Sonntag in Bonn so entscheidet wie der brandenburgische Landesverband. In Berlin dagegen zählen große Teile der Fraktion ebenfalls zu den Kritikern einer Regierungsbeteiligung.

Der Beschluss des Landesvorstands der Berliner SPD vom Montagabend hat allerdings lediglich symbolischen Charakter. Er ist quasi als Appell an die 23 Delegierten des Landes Berlin beim Bundesparteitag zu verstehen, dass sie dort gegen die Aufnahme von Verhandlungen stimmen mögen. Mit den zehn Delegierten aus Brandenburg stellt die SPD aus der Hauptstadtregion nur einen geringen Teil der insgesamt 600 Vertreter auf dem Bundesparteitag.

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