Mehrere Tote bei Anti-Terror-Operation in Venezuela

Rebellengruppe um den ehemaligen Polizeipiloten Oscar Pérez ausgehoben

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Ablauf der Aktion ist umstritten, der Fakt nicht. Bei einer groß angelegten Polizeiaktion gegen eine Terrorzelle in Venezuela gab es offenbar mehrere Tote und zahlreiche Schwerverletzte. Spezialeinheiten der venezolanischen Polizei gingen am Montag (Ortszeit) gegen eine Gruppe um den Ex-Polizisten Óscar Pérez vor, der Mitte vergangenen Jahres aus einem gekaperten Hubschrauber heraus das Innenministerium und das Gebäude des Obersten Gerichts beschoss, wobei glücklicherweise niemand zu Schaden kam.

Der Zeitung »El Universal« zufolge kam es bei dem Einsatz in einem Außenbezirk der Hauptstadt Caracas zu einem mehrstündigen Feuergefecht. Das Innenministerium teilte mit, dass die »gefährliche Terrorzelle« um Óscar Pérez aufgelöst wurde. Dabei seien zwei Polizisten getötet und weitere Uniformierte schwer verletzt worden. Zu dem Verbleib von Pérez gab es laut lokalen Presseberichten keine definitiven Angaben. Ob er bei der Militäroperation getötet oder verletzt wurde, ist bislang unklar. Das Innenministerium teilte dazu nichts Konkretes mit. In einem Kommuniqué hieß es lediglich: »Die Mitglieder dieser Terrorzelle, die bewaffneten Widerstand geleistet haben, wurden getötet. Fünf Verbrecher wurden gefangen genommen und inhaftiert.«

Pérez selbst hatte sich während der stundenlangen Gefechte immer wieder über die sozialen Medien zu Wort gemeldet. In einem Video war er schwer blutend und bewaffnet zu sehen, für die Authentizität des Videos übernahm »BBC Mundo« keine Gewähr. »Sie wollen nicht, dass wir uns ergeben, sie wollen uns ermorden«, erklärte er in einer Videobotschaft. Er wolle sich der Polizei stellen, sagte er und rief die Bevölkerung auf, weiterhin gegen die sozialistische Regierung zu kämpfen.

Pérez Aussagen widersprechen diametral den Aussagen des Innenministeriums, das versicherte, dass die »bewaffnete Terrorzelle das Feuer eröffnete«. Pérez ist seit Monaten untergetaucht und hat mehrfach zu einer Rebellion gegen die Regierung Venezuelas aufgerufen. Im Dezember warf die Regierung Pérez vor, seine Gruppe habe einen Posten der Nationalgarde überfallen und dabei schwere Waffen erbeutet.

Neben dem Innenministerium meldete sich auch Präsident Nicolás Maduro auf »Telesur« zur Wort: »Die Sicherheitskräfte mussten handeln, einen Teil der Terrorgruppe haben sie niedergeschossen, andere verhaftet. Es gibt mehr als fünf Verhaftete, und sie werden schon verhört und erzählen alles. Haarsträubende terroristische Pläne hätten sie gehabt«, versicherte Maduro. »Sie planten, eine Autobombe vor der Botschaft eines bekannten Landes detonieren zu lassen«, sagte er vor der Verfassunggebenden Versammlung (VV).

Venezuelas derzeit mächtigste Frau, die ehemalige Außenministerin Delcy Rodríguez, die inzwischen als Präsidentin der VV amtiert, kondolierte per Kurznachrichtendienst Twitter: »Wir senden unser Beileid an die Familienangehörigen und Freunde der Polizeikräfte, die ihr Leben verloren haben, indem sie die Ruhe des Landes verteidigt haben.«

Dass Venezuela sich gerade in eher unruhigen Zeiten befindet, merkten einige ihrer Twitter-Follower an, andere stimmten Rodríguez zu und begrüßten die Kommandoaktion der Sicherheitskräfte.

Venezuela steckt fraglos in einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise. In den ersten Wochen des neuen Jahres wurden über 100 Plünderungen gezählt. Erst am vergangenen Wochenende eskalierte die Lage in der Stadt Calabozo imBundesstaat Guárico, wo Hunderte Menschen dem Portal »El Nacional« zufolge 22 Läden stürmten und mit Reissäcken, Mehl und Klopapier wieder rausliefen - die Polizei setzte hier massiv Tränengas ein.

Die sozialistische Regierung und die bürgerliche bis rechte Opposition liefern sich seit Jahren einen erbitterten Machtkampf. Der Konflikt und der Fall der Rohölpreise hat das erdölreiche Land an den Rand einer Staatspleite gebracht. Viele Lebensmittel, Medikamente und andere Produkte des täglichen Bedarfs sind nur noch auf dem Schwarzmarkt erhältlich. mit Agenturen

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal