Türkische Armee greift in Nordsyrien an

Kurdische Vereine in Deutschland rufen zu Protesten auf / Scharfe Kritik an Bundesregierung

  • Nelli Tügel
  • Lesedauer: 2 Min.

Die türkische Armee hat offenbar die seit Tagen angekündigte Offensive gegen kurdische Milizen im Norden Syriens gestartet. Mehreren Berichten zufolge gab es massiven Beschuss von Dörfern in der Grenzregion Afrin. Nach Angaben der Volksverteidigungseinheiten YPG/YPJ schlugen in der Nacht zum Freitag etwa 70 Granaten in mehreren Ortschaften ein. Der türkische Verteidigungsminister Nurettin Canikli sagte, die Operation habe »de facto« begonnen.

Seit Montag hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan immer wieder bekräftigt, dass die türkische Armee »jederzeit bereit« sei, einen Einsatz gegen die Hochburgen der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) in Afrin und Manbidsch zu beginnen. Für Ankara ist die PYD als syrische Schwesterpartei der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) eine »Terrororganisation«. Mit dem jüngsten Aufmarsch reagierte die Türkei zudem auf Pläne der mit YPG/YPJ kooperierenden USA, eine 30 000 Mann (und Frau) starke »Grenzschutztruppe« in Nordsyrien aus kurdischen und arabischen Kämpfern aufzubauen.

Für die deutsche Regierung ist die Situation heikel - nicht nur wegen der NATO-Partnerschaft zu den Konfliktparteien USA und Türkei, sondern auch aufgrund innenpolitischen Konfliktpotenzials. In der Bundesrepublik gibt es eine große kurdische Community. Gegen die türkische Offensive in Nordsyrien und die deutsche Rüstungshilfe machten dieser Tage kurdische Vereine mobil. Zuletzt hatte es verstärkt Kritik gegeben an der Zusammenarbeit zwischen Berlin und Ankara bei der Repression gegen Kurden. Mit der Offensive in Afrin erhält dieser Konflikt nun eine neue Dimension. Das kurdische Informationszentrum Civaka Azad schrieb in einem Demonstrationsaufruf, ausgerechnet in Deutschland erfahre das AKP-Regime Rückhalt für seine kurdenfeindliche Politik. »In den letzten Monaten zogen die Repressionen gegen kurdische Aktivisten in Deutschland auf Wunsch Ankaras nochmals an«, so Civaka Azad. Auch Rüstungsgeschäfte zwischen Deutschland und der Türkei kritisierte der Verein.

Noch vor Kurzem hatte Außenminister Sigmar Gabriel betont, viele Rüstungsexporte nach Ankara seien nicht genehmigt worden. Vor knapp zwei Wochen wies er zudem vehement Berichte über den geplanten Bau einer deutschen Rheinmetall-Panzerfabrik in der Türkei zurück. Wie eine Recherche der Investigativplattform »Özgürüz« und des »Stern« nun jedoch offenlegte, arbeiten Mitarbeiter von Rheinmetall bereits intensiv an der Verwirklichung des Baus einer solchen Fabrik im türkischen Karasu. Bei »Özgürüz« heißt es dazu: »Die Große Koalition in Berlin hat eigentlich einen härteren Kurs gegenüber Ankara angekündigt. Aber in Sachen Rheinmetall spielt sie das Versteckspiel bisher mit. Weder Kanzlerin Angela Merkel noch einer ihrer Minister haben das Vorgehen des Unternehmens in der Türkei bisher kritisiert.« Seiten 2 und 7

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