Donald Trump gegen China

Der US-Präsident kritisiert die Wirtschaftspolitik Pekings und droht unverhohlen mit einem Wirtschaftskrieg

  • Werner Birnstiel
  • Lesedauer: 4 Min.

Nur Stunden nach dem Wahlsieg von Donald Trump am 8. November 2016 war vor Ort in Peking zu erleben, dass auf chinesische Art ganz pragmatisch reagiert wurde. Trump sei ein US- Milliardär, der wohl vor allem wirtschaftliche Interessen, nicht zuletzt auch die eigenen, zur Handlungsmaxime seiner Politik machen werde. Und bis heute blieb man dabei, sachlich auf Trumps Drohungen gegenüber China zu reagieren.

Diese Politik und Strategie hat sich bewährt und es wurde etliches getan, um sie durchzusetzen. So gab es seit Trumps Amtsantritt am 20. Januar 2017 acht ausführliche Telefonate zwischen ihm und Präsident Xi Jinping, drei persönliche Treffen, die schriftliche Gratulation Xis an Trump zum Wahlsieg, dessen Brief an Xi zum Frühlingsfest Anfang Februar. Dieses Vorgehen der ruhigen Hand hat China im asiatisch-pazifischen Raum und mittlerweile geopolitisch insgesamt nachhaltige Vorteile gebracht.

Hierzulande kaum erwähnt, hatte der 19. Parteitag der KP Chinas im Oktober 2017 Weichen gestellt, die für Chinas Vorgehen bis 2021 (100. Jahrestag der Gründung der KP), dann bis 2035 und über den 100. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik im Jahr 2049 hinaus bis 2055 richtungsbestimmend sein werden. Aktuelle gesellschaftspolitische Zielstellungen werden dabei mit den langfristigen beim »Aufbau des Sozialismus chinesischer Prägung« verknüpft. Außenpolitisch wird gegenüber den USA klargemacht, dass »kein Land im nationalen Alleingang die verschiedensten Herausforderungen der Menschheit meistern und sich auf die Insel der Selbstisolation zurückziehen« kann und dass »Denkmuster aus der Zeit des Kalten Krieges und die Machtpolitik entschieden über Bord zu werfen« seien.

Gegenwärtig ist einzuschätzen, dass die komplexen bilateralen Beziehungen sich nicht dem Politikstil Trumps unterordnen lassen. Der zieht wiederum gegen das 2017er Handelsdefizit der USA gegenüber China in Höhe von gigantischen 291,28 Milliarden Dollar zu Felde, eine Zunahme um 13 Prozent zu 2016. Aber: Bei Staatsanleihen sind die USA mit über 1,1 Billionen Dollar verschuldet; China kauft Boeing-Flugzeuge in großer Stückzahl; die rasch weiter wachsende Zahl der heute über 300 Millionen mittlere Einkommensbezieher in China kurbelt die Steigerungen im bilateralen Handel und bei Investitionen an; über 300 000 Chinesen studieren derzeit in den USA; über 3 Millionen Touristen haben 2016 die USA besucht; für die US-Landwirtschaft wurde China 2016 zum weltweit zweitwichtigsten Exportmarkt. Weitere. Fazit: Die USA können es sich schlichtweg nicht leisten, den schwelenden Handelskonflikt zum Handelskrieg mit China eskalieren zu lassen.

Außen- und sicherheitspolitischer Gefahrenherd bleibt Nordkoreas Atompolitik, die den USA Gelegenheit bietet, mit Kriegsdrohungen und Aufrüstung zu hantieren. Tatsache ist aber, dass die militärisch übergerüstete DVRK wiederum in der Lage ist, ihrerseits auch einen atomaren Gegenschlag zu führen, der zwar nicht die USA, wohl aber Südkorea und Japan in Schutt und Asche legen kann, dazu Nordostchina und Teile des russischen fernen Ostens atomar verseuchen würde - mit weltweiten Auswirkungen. Peking betont deshalb immer wieder, dass eine Kooperation China - USA die Spannungen auf der Koreanischen Halbinsel mindern und beide Staaten auf die Gesamtlösung der Koreafrage hinwirken müssen.

Im ersten Jahr der Präsidentschaft Trumps ist Peking sichtbar mit seiner Initiative vorangekommen: Der »Aufbau des Wirtschaftsgürtels entlang der Seidenstraße und der maritimen Seidenstraße« beeinflusst schon heute und erst recht langfristig im 21. Jahrhundert das Kräfteverhältnis China - USA zutiefst. Entscheidend daran ist, dass damit keine Militärstruktur entsteht. Stattdessen erreicht die wirtschaftliche Integration Asien - Europa mit der Initiative eine neue Qualität, zugleich werden Staaten Afrikas und Lateinamerikas einbezogen, indem Transport- und Wirtschaftskorridore und Infrastruktur für die Energieversorgung und Telekommunikation geschaffen werden. Das soll in den beteiligten Staaten eine eigenständige Entwicklung fördern. Abgesichert wird das Ganze durch die Bereitstellung von Finanzierungsmöglichkeiten und den komplexen Aufbau von Kommunikations- und Entscheidungsmechanismen.

Mit dem Ausstieg der Trump-Administration aus dem Pariser Klimaabkommen und dem Transpazifischen Partnerschaftsabkommen (TPP) sowie der Ablehnung multilateraler Handelsabkommen ergeben sich zudem für Peking global erheblich größere Handlungsspielräume zur Durchsetzung moderner Inhalte seiner Politik der friedlichen Koexistenz.

Unser Autor ist promovierter Sinologe. Er berät und begleitet Unternehmen bei der Markterschließung in China.

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