Gute Konjunktur, bessere Löhne

Ver.di fordert deutliche Verbesserungen für Beschäftigte im öffentlichen Dienst

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Gewerkschaften gehen mit einer Forderung nach sechs Prozent mehr Lohn in die Tarifrunde für die über zwei Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen. Dies gaben die Vorsitzenden der vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und des Deutschen Beamtenbundes (dbb Tarifunion) am Donnerstag in Berlin auf einer gemeinsamen Pressekonferenz nach Abschluss der Sitzungen ihrer Tarifkommissionen bekannt.

Als soziale Komponente wird eine Mindesterhöhung um 200 Euro verlangt, was den unteren Lohngruppen überproportional zugute käme. Zum Forderungskatalog gehören ferner die Anhebung der Ausbildungsvergütungen um 100 Euro, die Verpflichtung zur Übernahme nach der Ausbildung im erlernten Beruf, die Erhöhung des Zusatzurlaubs für Schicht- und Wechselschichtbeschäftigte auf sechs beziehungsweise neun Tage, die Angleichung der Jahressonderzahlung im Tarifgebiet Ostdeutschland an das Westniveau und ein spezielles Zulagesystem im Bereich der Krankenpflege.

Der Tarifvertrag soll eine Laufzeit von zwölf Monaten haben, und anders als in vergangenen Tarifrunden verspürten die Gewerkschaften diesmal »wenig Neigung, diese Forderung aufzugeben«, betonte der ver.di-Bundesvorsitzende Frank Bsirske. Die Kosten eines Abschlusses in dieser Größenordnung bezifferte Bsirske auf 1,8 Milliarden Euro pro Jahr. Angesichts der guten Konjunktur und der sprudelnden Steuereinnahmen sei das eine vertretbare Größenordnung. Für 2018 erwarten Bund, Länder und Gemeinden insgesamt Überschüsse in Höhe von 45 Milliarden Euro.

In einer Phase, »in der den Ökonomen allmählich die Superlative für die wirtschaftliche Entwicklung ausgehen«, sei es das Gebot der Stunde, »kräftige Lohnzuwächse, deutlich über denen der Vorjahre«, durchzusetzen, so Bsirske. Zumal es sich der öffentliche Dienst im Wettbewerb um gute Fach- und Nachwuchskräfte gar nicht leisten könne, unattraktive Arbeits- und Entlohnungsbedingungen anzubieten. Angesichts der immer noch bestehenden Vergütungslücke zwischen Kernbereichen der exportorientierten Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst gehöre die Frage auf die Tagesordnung, »ob die Arbeit mit Menschen nicht genauso viel wert ist wie der Bau eines Autos«.

Die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe verwies auf den großen Fachkräftemangel im Erziehungs- und Schuldienst. Deutschland brauche einen handlungsfähigen Staat und ein hoch entwickeltes Bildungssystem. Dazu gehörten »nicht zuletzt eine gute Bezahlung und faire Arbeitsbedingungen«.

Der dbb-Tarifexperte Volker Geyer betonte die Bedeutung des geforderten Sockelbetrages für untere Lohngruppen. Für Straßenwärter oder Pflegehelferinnen mit Bruttogehältern von nur knapp über 2000 Euro seien »200 Euro mehr pro Monat eine echte Hausnummer«.

Die Tarifverhandlungen betreffen nicht nur die Angestellten und Auszubilden des Bundes und der Kommunen, sondern auch 344 000 Bundesbeamte, auf die der erzielte Abschluss in der Regel übertragen wird, insgesamt also 2,6 Millionen Beschäftigte. Dazu kommen noch 182 000 Pensionsempfänger. Die erste Verhandlungsrunde mit Vertretern des Bundes und der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber (VKA) ist für den 26. Februar in Potsdam angesetzt. Für den 12./13. März und den 15./16. April sind weitere Verhandlungsrunden geplant. Der alte Tarifvertrag und somit auch die Friedenspflicht der Gewerkschaften läuft am 28. Februar aus. Mit einem Abschluss ist kaum vor Ende April, wahrscheinlich sogar erst im Mai zu rechnen. Ob und in welchem Umfang es zu Warnstreiks kommt, sei derzeit noch nicht abzusehen, sagte ein ver.di-Vertreter auf Nachfrage. Es gebe bei den Kollegen aber eine hohe Bereitschaft, für die nur allzu berechtigten Forderungen zu kämpfen.

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