Heimatliebe & Heimatverkehr

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 3 Min.

Deutschland soll nach dem Willen der Koalitionäre von CDU/CSU und SPD einen Heimatminister bekommen. Der soll Horst Seehofer heißen, muss dafür aber seine bayerische Heimat verlassen, um im fernen Berlin zu arbeiten. Ein Heimarbeiter wird er also nicht sein, eher ein Fremdarbeiter. Diese negative bayerische Dialektik, die zu einem Heimatverlust führt, ist aber nicht der einzige Grund, der gegen ein Heimatministerium spricht. Die Kausalkette, die eine Ablehnung dieser Idee unabdingbar macht, ist unwiderlegbar:

Die Idee zu einem solchen Ministerium ist dem Vernehmen nach bei einem Heimattreffen auf einem Heimatabend entstanden, der am Rande eines Heimatfestes von der CSU organisiert wurde. In den bayerischen Heimatdörfern und Heimatstädten in allen Heimatprovinzen des bayerischen Heimatlandes sprach sich die Idee rasch herum. Man wolle, so hieß es, mit einem solchen Ministerium gegen den Heimatverlust und den Niedergang der Heimatsprache kämpfen, der immer mehr Menschen heimatlos mache.

Ein CSU-Politiker, der sich gerade auf Heimaturlaub befand, zu dem er mit dem Flugzeug über einen Heimatflughafen und anschließend per Schiff über einen Heimathafen angereist war, besprach den Vorschlag mit einem Heimatforscher. Der betonte das Heimatprinzip in der Politik und verwies auf eine Reihe von Heimatschriftstellern, Heimatmalern, Heimatmusikern, Heimatschauspielern und Heimatdichtern sowie auf die wissenschaftlichen Ergebnisse der Heimatkunde. Allerdings sollten aus Gründen der historischen Sensibilität durch den künftigen Heimatminister Begriffe wie Heimatfront oder Heimatverrat vermieden werden. Das Wort Heimaterde dürfe aber weiterhin in der Bayernhymne (»Gott mit dir, du Land der Bayern«) gesungen werden.

Anschließend ließ die CSU die Idee in der Heimatzeitung diskutieren. Sie konnte dabei auf die Aktivitäten von Heimatmuseen, die sich schon lange der Heimatpflege verschrieben haben, ebenso bauen wie auf Heimatvereine, die Heimatbrauchtum betreiben.

Seehofer versicherte, dass der 2012 bei einem Wettbewerb für eine zusätzliche dritte Strophe des »Bayernliedes« siegreiche Vorschlag weiterhin nicht Teil der Hymne werde. Die CSU hatte bereits damals die Version von Muhammad Agca, Tatjana Sommerfeld und Benedikt Kreisl abgelehnt. Die Schüler der Beruflichen Oberschule Bad Tölz hatten für den von der Bayerischen Staatsregierung mitausgeschriebenen Wettbewerb gedichtet: »Gott mit uns und allen Völkern,/ ganz in Einheit tun wir kund:/ In der Vielfalt liegt die Zukunft,/ in Europas Staatenbund./ Freie Menschen, freies Leben,/ gleiches Recht für Mann und Frau!/ Goldne Sterne, blaue Fahne/ und der Himmel, weiß und blau«.

Mit Slogans wie »Heimat ist Zukunft und Zukunft ist Heimat« oder »Heimatliebe und Heimatverkehr ja - aber bitte nur mit Kondom« will Seehofer in den kommenden Wochen um die Zustimmung aller Heimatlosen werben. Zuschriften mit weiteren Ideen sammelt die Heimatseite des neuen Ministeriums; Mails bitte an: Heim@-Deine-Lieder.de

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