Augenschmaus und Dindeproppen
Am vergangenen Mittwoch war der internationale Tag der Muttersprache. Diesen gibt es seit dem Jahr 2000, und er wird jährlich am 21. Februar begangen. Muttersprache ist ein typisch deutsches Wort, denn wie wohl kaum in einer anderen Sprache wimmelt es im Deutschen von zusammengesetzten Wörtern. Ein berüchtigtes Beispiel für solche Komposita ist etwa das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz. Andere Nationen würden von einem Gesetz zur Beschleunigung der Planung von Verkehrswegen sprechen, aber das ist den Deutschen zu einfach. Warum Leerzeichen zwischen den Wörtern verschwenden, sagen sie sich, und kleben munter die Wörter zusammen. Die Engländer machen es sich dagegen einfach, sie bilden einfach Kofferwörter, aus dem Lunch und dem Breakfast wird so der Brunch. Im Deutschen müsste man dieses Zwitterding aus Mittagessen und Frühstück konsequenterweise Mühstück nennen. Das ist aber albern, deshalb heißt es neudeutsch auch hier seit einer ziemlich langen Weile schon Brunch.
Es gibt aber noch andere schöne deutsche Komposita, zum Beispiel die Augenweide, die Hutschachtel, den Spitzbub, den Kaffeesatz, das Heißgetränk und den Dindeproppen. Letzteres bezeichnet einen Hut, wie er von Charly Chaplin getragen wurde und früher zur Kluft der Maurer gehörte, wenn sie auf Wanderschaft (Tippelei) gingen. Sowohl die Hüte als auch die wandernden Maurer sind aus der Mode gekommen. Dafür wurde die Muttersprache um neue Wörter bereichert, und auf wunderbare Weise bedienten wir uns hier des Kulturaustausches. Was der »Brexit« (»Britain« und »Exit«) ist, weiß man in Großbritannien wie in Germany. Für die, die des Austausches überdrüssig sind, bleiben Wörter wie Augenschmaus, mutterseelenallein, Sommersonnentag, Kaltmangel oder Dickmilch. Auch schön. jam Foto: Photocase/David-W
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