Wir tragen den Rucksack der vergangenen Jahre
344 000 Fachkräfte werden bis zum Jahr 2030 in Thüringen benötigt
Erfurt. Der Renteneintritt Zehntausender Beschäftigter und die boomende Wirtschaft sorgen in Thüringen in den nächsten Jahren für eine enorme Nachfrage nach qualifiziertem Personal. Bis 2030 benötigen Industrie, Dienstleistungssektor und Handwerk in Thüringen nach einer Studie über 344 000 neue Fachkräfte. Bis dahin gehen 272 000 Beschäftigte in Altersrente, für die Nachfolger gefunden werden müssten, so Arbeitsministerin Heike Werner (LINKE) am Montag in Erfurt bei der Vorstellung der Studie des Instituts für Sozialforschung Halle und der Universität Jena.
Derzeit gehört mehr als jeder fünfte Beschäftigte in Thüringen der Generation 55 plus an. »Wir tragen jetzt den Rucksack der vergangenen Jahre«, sagte Werner. Nach der Wende seien viele junge und qualifizierte Beschäftigte abgewandert.
Gefragt sind überwiegend Beschäftigte mit klassischer Berufsausbildung. 80 Prozent des Bedarfs entfallen auf Fachkräfte, die eine duale Ausbildung in Betrieb und Berufsschule absolviert haben. Nur 14 Prozent der benötigten Fachkräfte sind Akademiker. Bei den Branchen sei der Bedarf vor allem im verarbeitenden Gewerbe hoch, sagte Thomas Ketzmerick, einer der Studienautoren. Hier müssten in erster Linie Rentenabgänge ausgeglichen werden. »Im Gesundheitssektor dagegen haben wir viel Wachstum.« Hoch sei der Bedarf auch in der Verkehrs- und Logistikbranche.
Aus eigenen Kräften kann Thüringen den Fachkräftebedarf nach Ansicht der Experten nicht decken. Ausländische Arbeitskräfte dürften deshalb eine wachsende Rolle spielen. Die Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt dauere aber ihre Zeit. »Da brauchen wir einen langen Atem«, so Ministerin Werner. In Thüringer Firmen arbeiten 2300 Geflüchtete.
Die Befürchtung, dass die Digitalisierung Arbeitsplätze koste, trifft, so die Studienautoren, oft nicht zu. Knapp drei Viertel der befragten Betriebe gingen davon aus, dass die Digitalisierung keine Auswirkungen auf ihren Fachkräftebedarf habe, ein Viertel rechne mit steigendem Bedarf.
Ministerin Werner sagte, es sei nicht nur die Stärkung der klassischen Berufsausbildung und der Weiterbildung notwendig, auch die Entlohnung müsse Anreize setzen. dpa/nd
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