Erst Kickboxen, dann Spielkönig

Mathestudent Lennart Page ist »Game of Thrones«-Weltmeister am Kartentisch.

  • René Gralla
  • Lesedauer: 4 Min.

Die TV-Serie »Game of Thrones« lebt von epischen Schlachten und gebrochenen Helden, also von viel Emotion. Wie kann ein Kartenspiel das wiedergeben?

Indem man gar nicht erst versucht, die Atmosphäre der TV-Produktion irgendwie einzufangen. Im Spiel geht es in erster Linie um Taktik und Strategie, mehr nicht.

Haben Sie beim Match am Tisch nicht dennoch immer die Bilder von »Game of Thrones« im Hinterkopf?.

Natürlich habe ich die Bücher gelesen und alle Folgen der Serie gesehen. Ich war also schon lange Zeit Fan, mehr aber nicht.

Und wie kam es zum Einstieg als Spieler?

Als ich 2014 wegen einer gebrochenen Kniescheibe lange ans Bett gefesselt war, suchte ich nach einer Alternative fürs Kickboxen, das ich bislang trainiert hatte. Die fand ich in der Basisversion des Kartenspiels »Game of Thrones«. Zusammen mit Freundin und Schwester testeten wir das, und es wurde zum Einstieg in eine hoch spannende strategische Herausforderung. Eine größere Gruppe bildete sich, und mit der treffe ich mich noch heute zu regelmäßigen »Game of Thrones«-Spielen.

Was machte für Sie den speziellen Reiz der Fernsehserie aus?

Es gibt zwei Hauptsorten kleiner Jungs. Die eine spielt mit Autos, die andere mit Holzschwertern. Ich gehörte definitiv zur zweiten. Mittelalter und Fantasy-Storys waren schon immer mein Hobby. Bei »Game of Thrones« faszinierten mich die äußerst komplexen Handlungsstränge und die Akteure mit ihren widersprüchlichen Persönlichkeiten.

Den kleinen Tyrion Lennister finde ich besonders klasse, Sie auch?

Genau. Aber nur in der TV-Serie. In der Buchvorlage hatte er einen weit weniger prägenden Part.

Inspirieren Sie diese Figuren auch bei der Kartenspielversion, obwohl die ja alles andere als ein Replay der TV-Fassung ist?

Unbedingt. In der Partie interagierst du ja mit allen, die auch in der Serie auftauchen. Mit ihren Stärken und Schwächen, die du auch aus dem jeweiligen Setting im Fernsehen kennst.

Haben Sie eine Lieblingsfamilie für das Turnier?

Eigentlich switche ich hin und her zwischen den verschiedenen Parteien. Allerdings habe ich die Deutsche Meisterschaft im September 2017 in Dresden mit dem Haus Martell gewonnen. Die Martells mögen vordergründig schwach starten, aber Schritt für Schritt werden sie stärker.

Wie laufen Angriff und Verteidigung per »Game of Thrones«-Karten ab?

Ein Spiel hat zwei Abschnitte. In der Aufmarschphase legen Sie aus dem Kartendeck, mit dem auf Ihrer Seite die Runde bestritten wird, fähige Charaktere aus, die Punkte bringen sollen; dazu markiert man vielleicht Orte, die ökonomische Vorteile garantieren. In der Herausforderungsphase werden Intrigen gesponnen und Militärschläge gestartet, und die Bewertung der Karten entscheidet über Erfolg und Misserfolg.

Intrigen sind ja so was wie das Kerngeschäft. Wie werden die im Kartenspiel umgesetzt?

Das kommt auf die Wettkampfvariante an. Der Joust-Modus ist ein Duell, und das Potenzial einer Intrige mobilisiert man mit einer Figur, die auf diesem Sektor brilliert, deren Karte man dem Gegner vor die Nase knallt. Völlig anders beim Melee-Format. Bei dem versuchen sich bis zu sechs Leute, höchst intrigant auszutricksen. Und da gewinnt, wer die anderen perfekt manipulieren kann.

Letzteres kommt dem Vorbild im Fernsehen näher, oder?

Kann man so sehen. Nehmen wir eine häufige Situation: Ein Rundenteilnehmer steht kurz vor dem Gewinn, aber immer noch kann ein anderer die anderen Teilnehmer überreden, dass alle gemeinsam den Favoriten in letzter Minute stoppen müssen.

Wie funktioniert das?

Dafür muss man eben lange und überzeugend argumentieren können. Bei der WM in den USA habe ich 2017 gelabert und gelabert - und holte den WM-Titel. Tags darauf war ich aber auch total heiser.

Weitere Infos zum Kartenspiel »Game of Thrones«: www.asmodee.de

»Game of Thrones« online spielen: https://theironthrone.net

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