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Hilfe vom Nachbarn

Köln besiegt Leverkusen mit 2:0 und übergibt die rote Laterne an Hamburg

  • Andreas Morbach, Köln
  • Lesedauer: 3 Min.

Ihre Selbstironie haben sich die Kölner Fans trotz des Dauerdaseins ihres Klubs im Ligakeller bewahrt, beim rheinischen Derby gegen Leverkusen kam der Spaß aber eher als Galgenhumor daher. »Die Nummer eins am Rhein sind wir«, schmetterten die Anhänger in der Südkurve unter völliger Missachtung der Tabelle schon nach wenigen Minuten. Das entsprechende Transparent hatten sie außerdem vorbereitet. Ihre Pendants von der anderen Rheinseite waren derart baff über so viel Dreistigkeit, dass sie erst nach einer Minute - und zudem recht einfallslos - mit derselben Zeile zurücksangen. Und am Ende behielt die Kölner Gefolgschaft sogar recht. Zumindest für den Moment - in dem der FC einen 2:0-Erfolg über den Nachbarn genoss und erstmals seit dem dritten Spieltag den letzten Platz verließ.

Im Stadion blieb es bis auf vereinzelte Pyro-Einlagen im Leverkusener Block ruhig. Ganz anders lagen die Dinge im Vorfeld der Partie: Am Samstagabend hatten sich rund 500 Chaoten aus beiden Lagern zu einer Schlägerei an der BayArena verabredet. Einige von ihnen erschienen maskiert an dem Treffpunkt, prügelten mit Latten und Verkehrsschildern aufeinander ein. Es kam zu einem Großeinsatz der Polizei, die für die Partie am Sonntag in einem offenen Brief an die Fans vor weiteren Ausschreitungen warnte.

Die Hoffnungen der Domstädter auf den Klassenerhalt waren nach den jüngsten Niederlagen gegen Stuttgart und in Bremen rapide gesunken, die spielerische Klasse der Werkself machte die Aufgabe nicht einfacher. Doch dann präsentierten sich die Gäste von Beginn an fahrig, unkonzentriert und nachlässig, leisteten mit ihrer Haltung unerwartete Nachbarschaftshilfe. Speziell in der neunten Minute, als zunächst Sven Bender eine Hereingabe von Leonardo Bittencourt verpasste - und Torwart Bernd Leno den Schuss des Japaners Yuya Osako unter dem Oberkörper hindurch gleiten ließ. Als er den Ball schließlich erwischte, hatte der die Torlinie bereits passiert.

Der Rückstand lähmte den Champions-League-Aspiranten von der A1 zusätzlich, in den entscheidenden Situationen erreichte kaum ein Ball den gewünschten Adressaten. Vor allem die rechte Abwehrseite der Leverkusener war löchrig wie von Motten zerfressene Socken, immer wieder huschte der kleine Bittencourt dort durch die Reihen. Die Bayer-Akteure durften sich glücklich schätzen, dass der FC große Schwächen im Konterspiel offenbarte. Die Gesten ihres Trainers Heiko Herrlich wurden zunehmend herrisch - bis der dahin völlig blasse Lucas Alario seinem Team nach einer halben Stunde den nächsten Tiefschlag verpasste.

Im Rücken von Schiedsrichter Harm Osmers rammte der argentinische Angreifer FC-Innenverteidiger Dominic Maroh den Ellenbogen gegen den Hals. Daraufhin bemühte der Referee den Video-Assistenten und schickte Alario mit Rot vom Platz.

Bayer-Coach Herrlich reagierte in der Halbzeit mit einem Doppelwechsel, brachte Joel Pohjanpalo und Benjamin Henrichs für Julian Baumgartlinger und Tin Jedvaj. Nun zeigten die auf Sicherheit bedachten Gastgeber erkennbare Probleme beim Überzahlspiel. Gleich nach Wiederbeginn vereitelte Torwart Timo Horn gegen Julian Brandt den Ausgleich - ein weiterer Fauxpas der Herrlich-Elf verschaffte Köln in der 69. Minute aber wieder Rückenwind.

Der Chilene Charles Aranguiz fabrizierte im Mittelfeld einen fatalen Kopfball Richtung eigenes Tor. Simon Zoller nahm die freundliche Unterstützung dankend an, hob den Ball über den herbeigeeilten Schlussmann Leno und schob zum 2:0 ein. Mit dem Sieg über die netten Nachbarn huschte der Geißbockklub im Tableau immerhin schon mal am Hamburger SV vorbei auf den vorletzten Platz. Und die Dauerverlierer aus Wolfsburg und Mainz sind mit fünf Punkten Vorsprung plötzlich auch wieder in Sichtweite.

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