• Berlin
  • Wechsel von AfD zur CDU

Rechtskonservativer Schulterschluss

Neuköllns Bezirksstadtrat Bernward Eberenz wechselt nach seinem Austritt aus der AfD zur CDU

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Die CDU Berlin will endlich wieder eine Volkspartei sein. Offen für verschiedene politische Positionen, vor allem aber für konservative Stimmen aus der Mitte der Gesellschaft, betonen CDU-Generalsekretär Stefan Evers und sein Parteifreund, der Neuköllner Vizebürgermeister und Jugendstadtrat Falko Liecke am Dienstag. Aus diesem Grund heiße man den Bezirksstadtrat für Umwelt und Natur, Bernward Eberenz, der im vergangenen Jahr aus der AfD ausgetreten war, in der CDU herzlich willkommen.

Damit ist auch schon klar, welche »Mitte« und welches »Volk« die CDU eigentlich meint. Bernward Eberenz hat es sich nämlich zum Ziel gesetzt, Themen wie die Sicherung der Staatsgrenzen oder die »überbordende Fremdinanspruchnahme« der Sozialsysteme, aus der »vermeintlich rechten Ecke in die Mitte der Gesellschaft« holen. Gegen jedes Elend der Welt angehen zu wollen, sei »gefühlsselig und betroffenheitsdurchtränkt«. Stattdessen gelte es, entschieden für das eigene kulturelle und politische Interesse einzutreten und dieses auch »kraftvoll zu empfinden«. Nach seinem Austritt aus der AfD im Juli vergangenen Jahres sei er lange ohne politische Heimat gewesen, erzählt Eberenz.

Obwohl die CDU bereits kurz danach auf ihn zugekommen sei, habe er sich viel Zeit genommen, um sich neu zu orientieren. Schließlich sei er bei Umwelt- und Naturschutzthemen ein Grüner, beim Thema Solidargemeinschaft ein Roter, und wenn es um die individuelle Selbstbestimmung gehe ein Liberaler. Da die CDU jedoch aktuell dabei sei, ihren konservativen Kern wiederzugewinnen, sehe er sich dort mit seinen politischen Positionen am besten aufgehoben, erklärt Eberenz und unterschreibt öffentlichkeitswirksam seinen Mitgliedsantrag. Mit welchem Namen er den Antrag unterschreibt, bleibt dabei ein Geheimnis.

Im Jahr 2001, viele Jahre vor seinem Eintritt in die AfD, nannte sich Bernward Eberenz nämlich noch Leo Ben Schröder und feierte mit seinem türkischen Freund die Verabschiedung des Lebenspartnerschaftsgesetzes. Dieses erlaubte - bis zur Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe im vergangenen Jahr - erstmalig, dass sich homosexuelle Paare das Jawort geben dürfen. So auch Leo Ben Schröder. Bernward Eberenz lehnt die gleichgeschlechtliche Ehe wiederum ab und engagierte sich seit 2016 in der AfD. Aus Protest gegen die Nominierung des extrem rechten AfD-Politikers Andreas Wild als Neuköllner Direktkandidat für den Bundestag trat er nur ein Jahr später wieder aus, um jetzt wiederum in die CDU einzutreten.

Vizebürgermeister Liecke erhofft sich von Eberenz’ Parteieintritt eine Signalwirkung, die Aufbruchstimmung verbreitet. Welches Kalkül dahinter steckt, lässt sich auch ohne Lieckes Betonung, dass eine Partei rechts von der CDU das politische Klima vergifte, nur unschwer erahnen. Neben der möglichen Gewinnung von Wählerstimmen am rechten Rand profitiert die CDU bereits jetzt von der Personalie Eberenz. Nachdem die Konservativen bei den Wahlen zur Neuköllner Bezirksvollversammlung im Jahr 2016 einen Bezirksstadtrat an die AfD verloren hatten, sind sie durch Eberenz’ Eintritt in die CDU wieder mit zwei Stadträten im Bezirk vertreten.

Für Linksfraktionschef Thomas Licher ist der Eintritt von Eberenz in die CDU keine Überraschung. Nach dessen Austritt aus der AfD habe sich dieser zunehmend in Richtung CDU bewegt. »Man kann es natürlich auch umgekehrt formulieren, die Neuköllner CDU hat seit Längerem ein Abgrenzungsproblem zur AfD«, sagt Licher dem »nd«. Die Zusammenarbeit zwischen der CDU und der AfD in der Bezirksverordnetenversammlung sei »bemerkenswert«. Die Linie der Neuköllner CDU sei weit entfernt von der einer weltstädtischen Partei der Mitte. Vielmehr sei sie ausgesprochen konservativ. »Ich denke, Herr Eberenz musste sich mit seiner AfD-Meinung nicht sehr viel bewegen, um in der Neuköllner CDU einen Platz zu finden.«

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