Bienengifte zur Wiedervorlage

EU-Staaten diskutieren erneut über ein Komplettverbot von Neonikotinoiden

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn am Donnerstag der Ständige Ausschuss der EU-Staaten über ein weiteres Verbot der Insektizide Clo-thianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam verhandelt, liegt eine Studie auf dem Tisch, die die Entscheidung eigentlich vorwegnehmen müsste. Anfang März hatte die europäische Lebensmittelbehörde EFSA ihr Gutachten zu den drei Insektengiften vorgelegt, die seit Jahren im Verdacht stehen, mitverantwortlich für das Artensterben zu sein, und bereits teilweise verboten sind. »Die meisten Anwendungen neonikotinoider Insektizide stellen ein Risiko für Wild- und Honigbienen dar«, erklärte nun auch die Behörde.

Von deren Ergebnis wollten mehrere Mitgliedstaaten ihr Abstimmungsverhalten abhängig machen - auch Deutschland. Wie sich die neue Bundesagarministerin Julia Klöckner entscheiden wird, ist noch unklar. Noch bevor die CDU-Politikerin offiziell im Amt war, hatte sie die Zulassung von Pestiziden auch im Ökoanbau ins Spiel gebracht, ein Vorschlag, den Anbauverbände brüskiert zurückwiesen. Klöckners Vorgänger Christian Schmidt (CSU) hatte im Dezember angekündigt, Neo-nikotinoide »komplett zu verbieten«, sollte sich ihre Gefährlichkeit für Bienen bestätigen. Ob sich Klöckner dieser Zusage verpflichtet fühlt, ließ sie bisher offen. Die Bundesregierung werde die EFSA-Studie jetzt prüfen, heißt es aus ihrem Ministerium.

Anders als Deutschland haben die Länder Frankreich, Österreich, Großbritannien, Kroatien, Slovenien, Malta, Irland und Lettland bereits angekündigt, für ein Verbot von Neonikotinoiden im Freiland zu stimmen. Andere wollen ihre Stimme abhängig machen davon, ob es eine Ausnahme bei Zuckerrüben geben wird. Hier argumentiert die Lobby, dass Rüben nicht blühen und deshalb für Bienen nicht attraktiv sind.

Grüne und LINKE fordern ein sofortiges Verbot. »Das Roulette für die Artenvielfalt muss gestoppt werden und zwar jetzt rechtzeitig vor der Aussaat«, erklärte der Grünen-Europapolitiker Martin Häusling. Er warnte, die Menge der in Europa ausgebrachten Neonikotinoide sei trotz Teilverboten nicht gesunken. »Immer noch werden teils mit Ausnahmegenehmigungen Saaten rein prophylaktisch, das heißt ohne konkreten Anlass, mit den systemischen, später über die ganze Pflanze wirkenden Giften ummantelt. Das muss aufhören.« Harald Ebner, Sprecher für Gentechnik- und Bioökonomiepolitik in der Grünen-Bundestagfraktion, verweist darauf, dass »selbst der Deutsche Bauernverband sich einem Verbot nicht mehr in den Weg stellen« wolle. Sollte sich Deutschland einem Verbotsantrag nicht anschließen, sei das »Wortbruch«. Kirsten Tackmann, agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, nennt einen solchen »zweiten Wortbruch« nach dem Alleingang von Schmidt bei der erneuten Zulassung von Glyphosat »fatal«.

Aktuell gilt in Europa das 2013 festgelegte Verbot von Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam. Ausnahmen gelten für Wintergetreide und Gewächshäuser. In Deutschland ist der Einsatz seit 2015 auch bei Wintergetreide verboten.

Ein Verbot mit Ausnahmen ist wahrscheinlich, auch weil es Alternativen gibt. Deshalb sehen Umweltschützer darin erst einen Anfang. Die Grünen fordern ein »Totalverbot für die gesamte Stoffklasse, die in ihrer Wirkung an den DDT-Skandal erinnert«, so Häusling.

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