Scandlines wechselt erneut den Besitzer
Deutsche-dänische Fährreederei scheint gut gerüstet für die Konkurrenz durch die geplante feste Fehmarnbeltquerung
Gerüchte hatte es schon länger in der Branche gegeben, nun aber wurde es öffentlich gemacht: Ein Konsortium aus Fondsgesellschaften übernimmt die Mehrheit an der Fährrederei Scandlines Deutschland GmbH. Demnach wird der australische Vermögensverwalter First State Investments der Haupteigner mit einem Anteil von 51 Prozent, und die britische Hermes Investment Management erhält 14,9 Prozent. Die beiden weltweit operierenden Fondsgesellschaften, die auf Investitionen im In-frastrukturbereich spezialisiert sind, bezahlten dafür 1,7 Milliarden Euro. Das brachte dem britischen Finanzinvestor 3i Group einen Nettoerlös von 347 Millionen Euro ein. Er war 2007 bei Sandlines eingestiegen und seit 2013 alleiniger Inhaber. Zum Ärger von Rostock verlagerte man den Firmensitz nach Hamburg. Die Finanzfirma hält künftig noch 35 Prozent der Anteile.
Zu dem Verlauferlös muss man die Millionengewinne legen, die Scandlines seit der Übernahme durch 3i erzielt hat. Während hier weiter kontinuierlich Gewinn eingefahren wird, ist der kurzfristige Gewinn, den die deutsch-dänischen staatlichen Besitzer 2007 mit dem Verkauf erzielten, längst verbraucht.
Dass 3i weiterhin ein bedeutendes Aktienpaket hält, macht deutlich, dass die Kapitalfonds auch von den künftigen Gewinnaussichten überzeugt sind. Für die Briten war der Mehrheitsverkauf jedoch notwendig geworden, da Finanzinvestoren nur für eine bestimmte Zeit investieren, bevor sie mit Gewinn ihre Anteile weiterverkaufen. Die Anleger hinter ihnen wollen ihr Kapital nach einer gewissen Laufzeit wieder zurückhaben - einschließlich einer üppigen Rendite, versteht sich. Das war auch hier der Fall, zumal der Markt für solchen Aktienhandel angesichts der anhaltend hohen Börsenkurse gegenwärtig sehr vorteilhaft für den Verkäufer ist.
Hermes Investment Management hat seine Wurzeln in den Pensionsfonds der Beschäftigten der britischen Post und der Telekom. Inzwischen sind hier auch andere, vorzugsweise europäische Pensionsfonds mit eingestiegen.
First State Investments verwaltet vorzugsweise britisches Kapital, das von Pensionsfonds zur Verfügung gestellt wird, aber auch Kapital aus Übersee und hier vorzugsweise australisches. Für First State ist es nicht der erste Einstieg in das Reedereigeschäft. Schon 2015 übernahm der Fonds die HH-Linie zwischen dem dänischen Helsingør und der schwedischen Schwesterstadt Helsingborg. Diese Linie war bis dahin im gemeinsamen Besitz von Scandlines und dem schwedischen Konkurrenten Stena. Auch nach dem Verkauf fahren die Schiffe weiter unter dem Scandlines-Symbol im Rahmen eines Lizenzvertrages, um den guten Namen der Reederei weiter verwenden zu können.
Dass Scandlines ein gutes Geschäft für 3i war, bestätigte der Sprecher des deutschen Ablegers, Peter Wirtz in einer Pressemitteilung anlässlich des Verkaufes. »Scandlines ist eine fantastische Investition für uns gewesen und die weitere Investition wird es bleiben. Das Unternehmen schafft Liquidität und verzeichnet seit unserer Übernahme starkes Kapitalwachstum.« Nicht umsonst zahlte 3i seine früheren Partner Allianz Capital Partners und Deutsche Seerederei aus, um in den Alleinbesitz von Scandlines zu kommen.
An den guten Zukunftsaussichten ändert auch die geplante Feste Fehmarnbeltquerung nichts. Ursprünglich sollte sie schon in diesem Jahr in Betrieb genommen werden, aber der erste Spatenstich steht noch immer aus. Es dürfte noch mindestens zehn Jahre dauern, bis wirklich das erste Auto und der erste Zug durch den Tunnel rollen wird. Mit zu den Verzögerungen haben auch die berechtigten Einsprüche von Scandlines geführt. Die Reederei kritisiert u.a. die staatlichen Garantien hinter den Krediten für das Milliardenprojekt, die für ein günstigeres Zinsniveau sorgen und die ein Privatunternehmen nicht bekommen kann. Auch die Zusammenarbeit von Scandlines mit Umweltorganisationen in Deutschland muss vor dem Hintergrund des bedrohten Geschäftes auf der Route Rødby-Puttgarden gesehen werden.
Nach Angaben der neuen und alten Investoren soll für die Kunden alles beim Alten bleiben. Bei den in den letzten Jahren kräftig gestiegenen Fährpreisen ist es auch schwer vorstellbar, dass diese noch weiter erhöht werden können, ohne dass die Kunden fern bleiben. Welche Überlegungen das Management dazu hat, werden Passagiere und Fuhrunternehmen aber erst in den kommenden Monaten erfahren.
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