Outgesourcte Abschottung

Sebastian Bähr über die gestiegene Gefahr für Seenotretter

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 1 Min.

Die meisten Hilfsorganisationen mussten sich aufgrund heftiger physischer und verbaler Angriffe vom Mittelmeer zurückziehen, die Spendenbereitschaft der Bevölkerung geht zurück. Die Besorgnis der gebliebenen Initiativen dürfte nun noch weiter wachsen: Bisher war es die Regel, dass die staatlich betriebene Seennotleitstelle in Rom die Rettungseinsätze koordinierte und damit den Helfern bei Konflikten mit der libyschen Küstenwache zumindest etwas Luft verschaffen konnte. Nun überlässt Italien jedoch offenbar mehr und mehr den Libyern die Einsatzverantwortung.

Der Plan scheint zu sein: Tripolis zwingt die Hilfsorganisationen, die Schutzbedürftigen nach der Rettung an die libysche Küstenwache zu übergeben, nur einen kleinen Teil zu retten oder sich zurückzuziehen. Die Küstenwache bringt die Flüchtlinge dann zurück auf das Festland, wo Folter, Vergewaltigung und Versklavung warten. Wenn sich die Helfer den Anweisungen nicht unterwerfen, droht Strafe. Das Maschinengewehr der Libyer oder die Kriminalisierung in Italien. Zwei Rettungsschiffe wurden bereits konfisziert.

Sollte sich diese Praxis durchsetzen, hätten Rom, Brüssel und Berlin die Abschottung im Mittelmeer so gut wie komplett ausgelagert. Ein grausamer Zustand: Entweder beteiligen sich die Helfer an einem offensichtlichen Völkerrechtsbruch - oder sie sind wirklich in Gefahr.

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