Unverhandelbare Jägermentalität

Simon Poelchau über die ersten Worte des neuen Chefs der Deutschen Bank

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Christian Sewing möchte mit seinen 47 Jahren offenbar noch nicht als angestaubter Westfale gelten. Deswegen ließ der neue Chef der Deutschen Bank keinen Tag nach seiner Ernennung durch den Aufsichtsrat vergehen, um sich mit markigen Sprüchen zu Wort zu melden. Er rief die fast 100.000 Mitarbeiter des Konzerns gleich zur Zurückgewinnung ihrer »Jägermentalität« auf.

Das hört sich fast so an, als ob sein heimliches Vorbild sein Vor-Vor-Vorgänger Josef Ackermann sei. Dieser rief einst großspurig eine Rendite von 25 Prozent aufs Eigenkapital als Ziel aus. Ein bisschen hört sich Sewings »Jägermentalität« auch so an, als ob er sich dafür schämt, dass er das Bankgeschäft als Lehrling in einer Bielefelder Filiale kennengelernt hat und nicht im internationalen Treiben des Investmentbankings. »Jägermentalität« assoziiert man mehr mit der Renditehatz an der Wall Street oder Londoner Börse als mit der Beratung des Kleinanlegers beim Bausparvertrag in der westfälischen Provinz. Vor allem aber hat Sewing den Mitarbeitern schon eindeutig klar gemacht, was seine Worte bedeuten: Die Reduzierung der bereinigten Kosten auf maximal 23 Milliarden Euro ist mit ihm »unverhandelbar«.

Auf die einfachen Mitarbeiter der Deutschen Bank wird unter Sewing also einiges an Kosten- und sonstigem Druck zukommen. Man kann für sie nur hoffen, dass ihr Betriebsrat und die Gewerkschaft sie gut vertreten.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.