Geisel macht Feuerwehrpolitik

Treffen vor Innensenat zu Maßnahmenkatalog, um miese Arbeitssituation zu verbessern

  • Christian Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

»Ich bin mir sicher, dass wir noch nicht alle Probleme gelöst haben«, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Montag bei einer Pressekonferenz zur Situation der Berliner Feuerwehr. Zuvor fand ein Gespräch zwischen Innensenat, Feuerwehr und Vertretern von ver.di, Deutscher Feuerwehrgewerkschaft und Gewerkschaft der Polizei statt. Dennoch konnte man sich auf einige Punkte einigen.

Innensenator Geisel stellte erste Punkte eines Maßnahmenkatalogs vor. Zunächst würden 350 zusätzliche Stellen geschaffen. Diese sind bereits im aktuellen Doppelhaushalt vorgesehen. Die Wochenarbeitszeit werde von derzeit 48 Stunden auf 44 reduziert und angehäufte Überstunden würden ausbezahlt. Bei einem Abbau könne der Dienst nicht aufrechterhalten werden, da die Anzahl der Überstunden sich mittlerweile auf eine »sechstellige Zahl« belaufe, so Geisel. Einzelne Beamte hätten alleine mehr als 1000 Überstunden angesammelt. Insgesamt komme so eine Summe von circa fünf Millionen Euro zusammen.

Was die Infrastruktur angeht, sollen die Kapazitäten der Feuerwehrakademie in Schulzendorf ausgebaut werden. Außerdem werden bereits in diesem Jahr 94 neue Fahrzeuge angeschafft. Dies könne allerdings nur der Beginn längerfristiger Maßnahmen sein, hieß es. Um die Zahl der Alarme zu reduzieren, wolle man eine gemeinsame Kampagne starten. Denn die Feuerwehr würde oft unnötigerweise benachrichtigt, was zu weiterer, vermeidbarer Arbeitsbelastung führe. Dies sei allerdings kein berlinspezifisches Problem.

Keine Einigung gibt es bisher bei der Erhöhung der Feuerwehrzulage. Die Feuerwehr-Leute fordert eine Anrechnung auf das spätere Ruhegehalt und eine Ausweitung auf Ausbilder und Leitstellenpersonal.

Geisel sprach mehrfach von einer »schwierigen Personalsituation«. Neben der zu dünnen Personaldecke, sei vor allem der hohe Krankenstand von aktuell 22 Prozent ein zentrales Problem. Vergangenes Jahr war »jeder Feuerwehrmann im Durchschnitt 48 Tage krank«, sagte Geisel. Das sei »ein Zeichen dafür, das Dienstmodell zu ändern«. Für die Umstellung auf eine 44-Stunden-Woche soll es von 1. Mai bis 1. September eine Übergangszeit geben. Beibehalten werden soll aber das Zwölf-Stunden-Dienstmodell als Regelfall. Die Reduzierung der Wochenarbeitszeit werde zwar zu 400 unbesetzten Stellen führen, die Hoffnung sei jedoch, dass im neuen Modell der Krankenstand deutlich sinke. Der stellvertretende Landesbranddirektor Karsten Göwecke findet die bisherigen Ergebnisse der Gespräche gut. Er hofft auf »spürbare Erleichterungen« für die Einsatzkräfte. Der stellvertretende Landesbezirksleiter von ver.di, Roland Tremper, sagte, alle drei beteiligten Gewerkschaften fänden es gut, dass Gespräche stattfänden. Seit ungefähr acht Jahren gab es keinen Austausch zwischen Feuerwehr und Innensenat, ab jetzt soll der Dialog durch zwei Treffen pro Jahr verstetigt werden. Das Gespräch am Montag sei aber noch keine Verhandlung gewesen, betonte Geisel. Die Details müssten insbesondere mit der Senatsverwaltung für Finanzen geklärt werden.

Tremper sieht den Verhandlungen entschlossen entgegen. Bei der Ausbezahlung der Überstunden werde man auf 100 Prozent pochen, auch wenn laut Gesetzeslage nur 80 Prozent vorgesehen seien. Daher werde man die Mahnwache vor dem Roten Rathaus mindestens bis zu den Gesprächen mit dem Finanzsenat aufrechterhalten.

Feuerwehrobermeister Michael Haagen zeigte sich eher skeptisch: »Das Zwölf-Stunden-Dienstsystem ist unattraktiv.« Beamte kämen lediglich auf sechs freie Wochenenden im Jahr. Generell werde die Feuerwehr als Dienstleister angesehen und in Hinblick auf Kosten und Nutzen auch so behandelt.

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