Mit der Kippa gegen Antisemitismus

Die Jüdische Gemeinde ruft für Mittwoch zum gemeinsamen Tragen der traditionellen jüdischen Kopfbedeckung auf

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Tragen der Kippa gilt als öffentliches Bekenntnis zum jüdischen Glauben. Dass dies in Berlin nicht gefahrlos möglich ist, hat nicht zuletzt der antisemitische Übergriff auf einen jungen Israeli mit der traditionellen jüdischen Kopfbedeckung am vergangenen Dienstag in Prenzlauer Berg gezeigt. Um ein Zeichen gegen Antisemitismus und Intoleranz zu setzen, ruft die Jüdische Gemeinde zu Berlin für diesen Mittwoch, den 25. April, zu einer Solidaritätskundgebung unter dem Motto »Berlin trägt Kippa« auf.

Unterstützt von einem breiten gesellschaftlichen Bündnis will die Jüdische Gemeinde um 18 Uhr vor dem Jüdischen Gemeindehaus in der Fasanenstraße 79/80 in Charlottenburg Kippas verteilen - an Frauen und Männer. »Es geht in diesem Fall nicht um die streng religiöse Auslegung, sondern um ein Zeichen der Solidarität«, sagt der Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde, Sigmount Königsberg. Neben dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Gideon Joffe werden der Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sowie der Präsident des Zentralrats der Juden Josef Schuster als Redner erwartet.

Insgesamt 947 antisemitische Vorfälle hat die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) 2017 in Berlin dokumentiert - die höchste Zahl seit Beginn der Dokumentation. Besonders besorgniserregend: Die Anzahl der betroffenen Personen ist gegenüber dem Vorjahr um 55 Prozent gestiegen. Viele Jüdinnen und Juden geben sich aus Angst vor antisemitischen Anfeindungen nicht mehr öffentlich als solche zu erkennen. »Früher habe ich meinen jüdischen Freunden und Bekannten geraten, keine Kippa zu tragen, um ihre jüdische Identität nicht zu zeigen«, sagt Levi Salomon, Sprecher des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA). »Ich habe meine Meinung geändert. Wir müssen diesen Kampf aufnehmen und in der Öffentlichkeit wieder sichtbar werden. Jüdische und nicht jüdische Menschen sollten gerade jetzt die Kippa tragen.«

Für die Kundgebung »Berlin trägt Kippa« haben sich etwa 1000 Menschen angemeldet. Auch nicht religiöse Organisationen wie der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg unterstützen die Solidaritätsaktion. »Es braucht ein unübersehbares Zeichen gegen das erschreckende Ausmaß des zunehmenden Antisemitismus in unserer Gesellschaft. Wir rufen die religionsfreie Bevölkerung Berlins auf, zahlreich zur von der Jüdischen Gemeinde initiierten Solidaritätskundgebung zu kommen und die Kippa zu tragen«, so der Präsident des Verbandes Jan Gabriel am Montag.

Auch die LINKE und die Grünen wollen die Kundgebung unterstützen. »Wir stellen uns gegen jede Form von Antisemitismus und stehen an der Seite der Opfer. Intoleranz, Diskriminierung und Antisemitismus haben keinen Platz in unserer Stadt. Dafür gehen wir am Mittwoch auf die Straße und tragen Kippa«, erklären die Grünen-Landesvorsitzenden Nina Stahr und Werner Graf.

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