Staatsland in Privathand

Der Verkauf von Bundesflächen in Marzahn empört LINKE und Initiativen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Deal ist fast perfekt. 54 000 Quadratmeter Marzahner Bauland an der Landsberger Allee werden für über 15 Millionen Euro von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) an die Smart Area GmbH verkauft. Am Mittwoch gab der Haushaltsausschuss des Bundestages Grünes Licht für den Deal. »CDU und SPD haben im Haushaltsausschuss Berlin abgestraft. Das war eine peinliche pädagogische Maßnahme«, sagt Gesine Lötzsch, haushaltspolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag. »Berlin hätte ja rechtzeitig zugreifen können, so die Auffassung der Regierungspolitiker«, berichtet sie.

»Ich verstehe den Versuch der LINKEN, den Beschluss über den Verkauf noch zu schieben«, erklärt Swen Schulz, Sprecher der Berliner SPD-Abgeordneten im Bundestag. »Die Neigung im Ausschuss, Berliner Spezialgeschichten zu machen ist allerdings nicht sonderlich ausgeprägt«, so Schulz. Der Senat habe aber »tatsächlich geschlafen«. Angeboten wurde das Grundstück dem Land im Jahr 2015. Weil es aber für Wohnungsbau nach Ansicht des Bezirks Marzahn-Hellersdorf nicht geeignet war, verzichtete Berlin auf den Kauf.

Lötzsch hält die Entscheidung für falsch. »Wir brauchen jedes öffentliche Grundstück für Wohnungen und soziale Infrastruktur«, sagt die Linkspolitikerin. Nach wie vor verhalte sich die Bundesregierung wie ein Immobilienspekulant. »Eigentlich hatte die SPD vor der Wahl versprochen, die Grundstückspolitik zu ändern. Fehlanzeige!«, empört sich Lötzsch.

»Gerade der Fall Marzahn ist ein Beispiel für eine funktionierende Abstimmung zwischen dem Land Berlin und der BImA«, entgegnet Eva Henkel, Sprecherin des Berliner Finanzsenators Matthias Kollatz-Ahnen (SPD). Angesichts des unweit gelegenen und bisher praktisch ungenutzten Clean Tech Business Parks sieht man in der Finanzverwaltung keinen Bedarf für eine weitere Gewerbefläche. Allerdings wolle Kollatz-Ahnen »mit dem Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) darüber sprechen, ob Berlin nicht alle BImA-Grundstücke, die der Bund nicht benötigt, übernehmen kann«, so Henkel. Dabei ginge es nicht nur um Wohnungen. »Der Senator ist zuversichtlich, da Scholz die Flächenkonkurrenz aus seiner Hamburger Zeit sehr, sehr gut kennt.«

Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) nannte den Verkaufspreis von 15 Millionen Euro »spekulativ«. Der Verkehrswert lag bei nicht einmal einer Million Euro. Die entsprechende Nutzung für die nötige Rendite könnte nach Vermutung von Kristian Ronneburg (LINKE) der Bau eines Boardinghauses sein. »Die Errichtung ist in einem Gewerbegebiet zulässig«, so das Marzahn-Hellersdorfer Abgeordnetenhausmitglied. Der Bezirk muss dringend den Bebauungsplan vorantreiben, um eine sinnvolle Nutzung festzuschreiben.

»Die BImA-Grundstücke sollten ohne Vorbedingungen an die Kommunen gehen«, fordert Enrico Schönberg von der Initiative »Stadt von unten«, die eine Privatisierung des Kreuzberger Dragonerareals verhindert hatte. »Es kann nicht sein, dass durch Verkaufsabsichten des Bundes die Bezirke gezwungen werden, innerhalb kurzer Zeit Planungen zu entwickeln«, erklärt Schönberg. Lompscher hat angekündigt, alle BImA-Flächen noch einmal zu prüfen.

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