Der anständige Herr Diess

Neuer VW-Chef will Unternehmenskultur verbessern

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Berlin. Der neue VW-Chef Herbert Diess nimmt sich die Unternehmenskultur vor: Volkswagen müsse »noch ehrlicher, offener, wahrhaftiger, in einem Wort: anständiger werden«, sagte Diess auf der Hauptversammlung des Konzerns am Donnerstag. Die juristischen Streitigkeiten wegen des Dieselskandals werden demnach noch Jahre andauern. Standorte der VW-Töchter Audi und Porsche waren erst im April von der Staatsanwaltschaft wegen Betrugsverdachts durchsucht worden. Mittlerweile habe der Konzern aber 94 Prozent der von illegaler Abgastechnik betroffenen Fahrzeuge in Deutschland mit neuer Software ausgestattet - weltweit seien es gut zwei Drittel, sagte Diess.

Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch betonte vor den VW-Aktionären allerdings, er habe Diess nicht zum neuen Vorstandschef gemacht, um die Dieselkrise aufzuarbeiten. Er solle den Umbau im Konzern hin zu einem Elektrofahrzeughersteller schneller vorantreiben.

Das Kontrollgremium hatte Mitte April Ex-Chef Matthias Müller entlassen und eine umfassende Neustrukturierung des Konzerns genehmigt. So wurden die zwölf Marken in drei Gruppen eingeteilt und bei der Lkw-Sparte Vorbereitungen für einen Börsengang begonnen.

Für dieses Jahr warnte Diess, es sei unter »ungünstigen Umständen« möglich, dass einzelne Modelle »temporär« nicht verfügbar seien. Grund ist seinen Angaben zufolge die Umstellung der Abgasmessung auf den neuen Standard WLTP. Sie sorgt auch bei anderen Autobauern für das Auslaufen einzelner Modelle.

Mit Blick auf die Elektromobilität forderte der neue VW-Chef: »Wir sollten nochmals verstärkt über den Aufbau einer europäischen Batterieindustrie diskutieren.« Volkswagen will bis 2025 rund 50 Milliarden Euro allein für Batterien ausgeben. Bis 2025 will der Konzern ein Viertel seiner Autos mit elektrischem Antrieb verkaufen.

Im Anschluss an seine Rede stellte sich Diess den Fragen der Aktionäre. Der Verkehrsexperte des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Jens Hilgenberg, forderte auf der Hauptversammlung, Diess müsse jetzt zeigen, dass mit ihm ein neuer Geist der Aufklärung und Ehrlichkeit in der Konzernführung einziehe. Außerdem drängte Hilgenberg darauf, den Rohstoff- und Energiebedarf der Autos zu verringern.

Vor der Halle demonstrierten am Morgen Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace für einen schnelleren Umstieg auf saubere, klimafreundliche Autos. Die zehn Millionen Fahrzeuge, die VW vergangenes Jahr verkauft hatte, würden über ihre gesamte Laufzeit mehr CO2 produzieren als Spanien in einem Jahr, kritisierte die Organisation. dpa/nd

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