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Schwarzbau-Vorwurf gegen Bahn

»Ertüchtigung« umstrittener Strecke in Niedersachsen noch nicht genehmigt - DB: Arbeiten nur zur Instandhaltung

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

»Das ist ein Schwarzbau«, schimpft ein Aktivist der IBO, der »Interessengemeinschaft der Bahnanlieger Oldenburg« mit Blick auf Arbeiten am Rande der durchs Stadtgebiet führenden Gleise. Betonfundamente sind dort zu sehen und auch Kabel. Das sei ein Zeichen dafür, dass die Deutsche Bahn (DB) bereits den umstrittenen und noch gar nicht genehmigten Ausbau der Schienenstrecke zum Tiefseehafen Jade-Weser-Port gestartet hat, meint die Bürgerinitiative.

Trotz heftigen Protestes von Einwohnern Oldenburgs, eine der vier größten Städte Niedersachsens, hält die Bahn an ihren Ausbauplänen fest, wie jüngst auf einer Zusammenkunft von Vertretern des Unternehmens mit Verantwortlichen der Stadt zu hören war. Auch sie steht dem Vorhaben kritisch gegenüber. Doch das scheint die DB ebenso zu ignorieren wie die mittlerweile fast 11 000 Einwendungen von Bürgerinnen und Bürgern gegen das Vorhaben, von dem sie Lärm und Behinderungen des innerstädtischen Verkehrs befürchten.

Solche Bedenken sorgen bereits seit Jahren für Unmut. Im Sommer 2015 wurde bekannt, dass die Bahn AG und das Land Niedersachsen, in jenem Jahr noch rot-grün regiert, den 56 Kilometer langen Schienenweg zwischen Oldenburg und dem Jade-Weser-Port für einen starken Güterverkehr »ertüchtigen« will. »Der zügige Ausbau und die Elektrifizierung der Bahnstrecke haben für uns höchste Priorität«, sagte der frühere Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD), wohl hoffend, dass dadurch der Containertransport von und zu Deutschlands einzigem Tiefseehafen zunimmt.

Abnehmen dagegen werde durch den Ausbau der Schienenstrecke die Lebensqualität in Oldenburg, mahnte schon seinerzeit die Initiative IBO. Wenn der Güterverkehr so wachse, wie man es sich in Hannover wünsche, werde »alle 15 Minuten ein Zug durch die Stadt rauschen«, warnte der damalige zweite Vorsitzende der Interessengemeinschaft, Friedrich Wilhelm Wehrmeyer. Auch sei durch die vielen Güterzüge eine erhebliche Geräuschbelästigung zu erwarten. Als weiteres Übel drohten vier Meter hohe Lärmschutzwände auf beiden Seiten der Bahnlinie. »Damit wird es bei uns aussehen wie in Berlin, als noch die Mauer stand«, schimpfte Wehrmeyer.

Die IBO sei ja nicht gegen einen Schienenweg zum Jade-Weser-Port, betonte der Oldenburger, aber den Verkehr dorthin möge man um die Stadt herumführen. Diese Forderung erhebt die Initiative nach wie vor - und auch im Rathaus sieht man das als die beste Lösung an. Doch die Bahn hält eine solche Umleitung für unwirtschaftlich, lehnt sie ab, und auch das Bundesverkehrsministerium befürwortet den Ausbau der bestehenden Strecke.

Hat er schon begonnen? Illegal, weil noch keine Baugenehmigung vorliegt? Der Chef der Deutschen Bahn in Norddeutschland, Ulrich Bischoping wehrt sich gegen entsprechende Vorwürfe. »Was wir machen, ist voll und ganz rechtlich abgesichert«, betonte der DB-Mann beim Treffen von Bahn- und Stadtvertretern gegenüber einem NDR-Fernsehteam. Es handele sich um notwendige Instandsetzungsarbeiten. Beharrliches Nachfragen behagte Bischoping offensichtlich nicht. »Lassen Sie das Ding mal aus«, rief er dem Kameramann zu, beendete das Gespräch mit: »Wir machen Schluss«, ließ die Reporterin stehen und ging.

Für die Stadt Oldenburg dagegen ist keinesfalls Schluss. Sie erwägt, vor Gericht zu ziehen, auf sofortigen Stopp der Arbeiten am Schienenweg zu klagen und ebenfalls auf dem Rechtsweg durchzusetzen, dass statt des Ausbaus der bestehende Strecke die von Bürgern und Kommune favorisierte Umgehung entsteht.

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