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  • Sprengstofffund in Rudolstadt

Gelangweilte Bombenbauer

Sprengstofffund wird in Thüringen weiter hitzig diskutiert / LINKE kritisiert Diffamierung durch CDU und AfD

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein umfangreicher Sprengstofffund im thüringischen Rudolstadt und Uhlstädt-Kirchhasel vom März sorgt weiter für hitzige Debatten in der Landespolitik. Die Regierung musste am Donnerstag vor dem Innenausschuss des Landtages aussagen. CDU-Politiker Wolfgang Fiedler kritisierte im Vorfeld gegenüber dem MDR, die regierende rot-rot-grüne Koalition lasse SPD-Innenminister Georg Maier nicht durchgreifen. »Maier möchte mehr machen. Er wird aber insbesondere von der LINKEN kräftig ausgebremst, auch von den Grünen.« Innenminister Maier wies dies als Humbug zurück. »Mir werden keinerlei Beschränkungen auferlegt.«

Die AfD hatte bereits im März einen Dringlichkeitsantrag gestellt und gefragt, ob sich »unter dem Deckmantel zivilgesellschaftlichen Engagements linksterroristische Strukturen im Freistaat« entwickeln. Die CDU brachte aufgrund des Vorfalls einen Antrag ein, den Verfassungsschutz im Bereich »Linksextremismus« personell zu verstärken, bundesweite Förderprogramme gegen Links aufzulegen und in bundesweiten Gremien wie der Innenministerkonferenz entsprechende Initiativen gegen Linksextremismus zu starten.

Die politische Debatte dreht sich vor allem um den Hintergrund des Chemikalien-Fundes. CDU und AfD vermuten eine linke Motivation hinter angeblich geplanten Anschlägen, da einer der beiden Verdächtigen, Jan R., Pressesprecher des lokalen antifaschistischen Bündnisses »Zivilcourage und Menschenrechte« war. Nach Bekanntwerden des Fundes hatte sich das Bündnis von R. distanziert.

Sowohl Medienrecherchen als auch die Polizeiermittlungen lassen an der These der linken Bombenbastler Zweifel aufkommen. Gegenüber der »Thüringer Allgemeinen Zeitung« sagte jüngst der zweite Verdächtige David G., dass er Veranstaltungen der NPD besucht habe und die AfD wähle. »Ich bin der Drahtzieher«, führte er aus. David G. berichtete, dass beide Bekannte anfangs mit Böllern experimentiert hätten, ihnen dies aber nicht mehr gereicht habe. »Das hat geballert, aber wir haben nie einen in Gefahr gebracht.« Der Verdächtige Jan R. erklärte: »Es ging nur darum, Knaller zu bauen. Ich wollte Spannung in meinem Leben

Das Landeskriminalamt Thüringen bestätigte gegenüber »nd«, dass der Staatsanwaltschaft Gera nach aktuellem Stand der Ermittlungen keine Hinweise auf eine politische Motivation der Verdächtigen vorliegen. Eine Arbeitsgruppe arbeite weiterhin an dem Fall.

Kritik an der politischen Debatte kommt von der LINKEN-Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss. »Der gesamte Vorgang ist geprägt durch Diffamierungen und falsche Behauptungen seitens AfD und CDU«, so die Politikerin gegenüber »nd«. Von der AfD sei man dies bereits gewöhnt, doch mit ihrer Beteiligung an der »Schlammschlacht« würde nun auch die CDU Bürgerbündnisse diskreditieren.

Die Opposition mache es sich zu einfach, wenn sie »allgemeine politische Ansichten« eines Tatverdächtigen mit einer politischen Motivation der Tat gleichsetze, erklärte die Abgeordnete weiter. Man habe beispielsweise derzeit einen CDU-Abgeordneten, gegen den wegen Vertuschung von Spendeneinnahmen ermittelt wird, der aber auch ehrenamtlich in einem Kultur- und Feuerwehrverein aktiv sei. »Keiner würde doch auf die Idee kommen, gleich diese Vereine mit den kriminellen Handlungen in Verbindung zu bringen.«

Für eine »Querfront-Strategie« der unterschiedlichen Verdächtigen gebe es laut der Abgeordneten ebenfalls keine Anzeichen. Beide hätten nicht politisch zusammengewirkt, sondern »offenbar rein ›erlebnisorientiert‹ gehandelt.« Die CDU habe eine angebliche Vertuschung behauptet, die es nie gab. Die Mär von vermeintlich linken Bombenbastlern falle nun wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Für König-Preuss hat jedoch die Zivilgesellschaft gelitten. »Die ganze Kampagne hat am Ende das ehrenamtliche Engagement in Thüringen beschädigt.«

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