»Ein winziges Tröpfchen auf einen kochend heißen Stein«

Sachsen will Qualität in Kitas verbessern - Kritik von der Opposition

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Dresden. Sachsen will die Qualität in seinen Kitas verbessern und führt deshalb Vor- und Nachbereitungszeiten für das Personal ein. Dafür sind pro Woche und Kollegen zwei Stunden vorgesehen, erklärte der sächsische Kultusminister Christian Piwarz (CDU) am Dienstag in Dresden. In einer Umfrage hätten sich Eltern, Personal und Kita-Leitungen für eine Qualitätsverbesserung in der frühkindlichen Bildung ausgesprochen, hieß es.

Die Zeiten für Vor- und Nachbereitung verlangen einen höheren Personalbedarf. Rein rechnerisch müsste Sachsen etwa 1350 zusätzliche Stellen schaffen. Allerdings sind viele Erzieherinnen in Teilzeit beschäftigt und werden somit keinen Anspruch auf volle zwei Stunden haben. Dem Ministerium schwebt deshalb ein Stufenmodell vor. Pro Jahr sind damit Kosten von 75 Millionen Euro veranschlagt.

Das Ministerium hatte mit einer Kita-Umfrage bei Eltern, Leitungen und Fachkräften in Kindertagesstätten Wünsche für Verbesserungen erfragt. Dabei sollten die Teilnehmer unter vier Varianten eine Priorität setzen. Eltern und Erzieherinnen hatten eine Verbesserung des Personalschlüssels an die erste Stelle gesetzt, die Leitungen die Vor- und Nachbereitungszeit. Dennoch entschied sich ein Fachbeirat für letztere Variante, weil auch so mehr Personal in die Kitas kommt.

Die Reaktionen auf die Ankündigungen waren zum großen Teil positiv. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) machte zugleich deutlich, dass eine weitere Verbesserung der Personalschlüssels in den Kita notwendig ist. Im Kindergarten liegt er bei 1:12 - eine Erzieherin ist rechnerisch für 12 Kinder verantwortlich. In der Krippe soll der Schlüssel von derzeit 1:5,5 im September auf 1:5 sinken.

Die Kita-Umfrage sei »mit viel Popanz und banalem Ergebnis« erfolgt, betonte LINKE-Politikerin Marion Junge. »Weniger als einen Euro pro betreutem Kind und Tag - zirka 75 Millionen Euro jährlich - will die sächsische Staatsregierung in die Verbesserung der Kindertagesbetreuung investieren. Das ist ein winziges Tröpfchen auf einen kochend heißen Stein.«

Die Grünen warfen der Regierung vor, keinen wirkliche Strategie für eine bessere frühkindliche Bildung zu haben. Piwarz müsse einen Masterplan vorlegen, erklärte die Landtagsabgeordnete Petra Zais: »75 Millionen Euro pro Jahr - die Bundesmittel schon eingerechnet! - reichen für spürbare Verbesserungen in den Einrichtungen schlicht nicht aus. Die Verankerung der Vor- und Nachbereitungszeit ist ein kleiner, wenn auch längst überfälliger Schritt.«

Viel Lob für die Pläne des Kultusministers gab es dagegen aus den eigenen Reihen. »Der Beirat hat sich einmütig für die künftige Finanzierung von Vor- und Nachbereitungszeiten entschieden. Aus fachpolitischer Sicht bedeutet diese Maßnahme die wohl wirksamste Form der Entlastung für alle Erzieher und das kommt wiederum den Kindern und Eltern direkt zu Gute«, hob der CDU-Bildungsexperte Patrick Schreiber hervor.

Die SPD-Fraktion ließ wissen, dass die Vor- und Nachbereitungszeit in Kitas nicht an ihr scheitern werde. Für eine Änderung muss das sächsische Kita-Gesetz geändert werden. dpa/nd

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