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»Manu hat die meiste Erfahrung«

Marc-André ter Stegen über sein Leben als Nummer zwei hinter Manuel Neuer im DFB-Tor

  • Frank Hellmann
  • Lesedauer: 4 Min.

In Russland dürfen Sie aller Voraussicht nach nur auf der Bank sitzen. Wie sind Sie damit umgegangen, dass Manuel Neuer nun wieder die Nummer eins ist?

Zunächst einmal ist das für mich natürlich eine enttäuschende Situation, wenn man eine ganze Saison gespielt und versucht hat, Leistung auf höchstem Niveau zu zeigen. Aber die Enttäuschung darf nicht dazu führen, dass man so viel mit sich selbst beschäftigt ist, dass man der Mannschaft nicht mehr helfen zu können. Das verlange ich auch von jedem anderen Spieler. Die Mannschaft weiß bei mir, dass ich 100 Prozent da sein werde, um sie zu unterstützen. Der Bundestrainer hat diese Entscheidung getroffen - das respektiere und akzeptiere ich.

Zur Person
Marc-André ter Stegen hat beim FC Barcelona in dieser Saison die Hälfte seiner 48 Pflichtspiele zu null gespielt. Entsprechend »enttäuscht« ist der 26-Jährige über die Rückversetzung beim deutschen Nationalteam hinter Manuel Neuer. Im Gespräch mit Frank Hellmann erzählt er aber auch, warum er seine persönlichen Interessen zurückstellt.

Wann hat Joachim Löw mit Ihnen ein Einzelgespräch geführt?

Als ich angekommen bin, haben wir uns zusammengesetzt. Er hat mir gesagt, dass er von mir überzeugt ist und er wüsste, dass er sich zu 100 Prozent auf mich verlassen kann.

Sind Sie überrascht, dass Neuer nach acht Monaten ohne Spielpraxis so stark zurückgekommen ist?

Ich glaube, er hat alles dafür getan. Für ihn waren die Monate sicher nicht einfach. Großen Respekt dafür, denn das schafft nicht jeder.

Gerade die Bayern-Spieler haben betont, wie wichtig die Rückkehr des Kapitäns sei. Fehlte ihnen vielleicht die Lobby?

Viele Kollegen waren auch mir gegenüber respektvoll. Die Jungs wissen, wozu ich imstande bin. Wir haben generell eine tolle Besetzung auf der Torwartposition. Manu hat bezüglich der Turniere sicher die meiste Erfahrung.

Eine Nummer zwei kann ihre Rolle ganz unterschiedlich interpretieren. Oliver Kahn hatte an der Rückversetzung 2006 schwer zu knabbern, entschied sich aber dafür, Jens Lehmann zu helfen. Was wird Ihre Vorgehensweise sein?

Ich werde versuchen, für Manu im Training eine Stütze zu sein. Es wird mein Ziel sein, dass er am Spieltag in einer hundertprozentigen Verfassung auf dem Platz steht. Wenn das der Beitrag ist, den ich leisten muss, werde ich das so tun.

Sie haben beim FC Barcelona fast alle Spiele mit einem Nike-Ball bestritten, bei der WM kommt ein Adidas-Spielgerät zum Einsatz. Wie groß ist die Umstellung?

Die Bälle unterscheiden sich im Flugverhalten. Es gab Zeiten, da war ich mit den Adidas-Bällen nicht zufrieden. Jetzt ist aber alles gut.

Vor früheren Turnieren waren die Flatterbälle ein großes Thema. Bei der WM 2018 können Torwartfehler damit also nicht erklärt werden?

Es kommt auf die Situation an. Wir hatten genug Zeit uns daran zu gewöhnen, aber es kann auch mal sein, dass es wieder komisch aussieht.

Sie haben im vergangenen Sommer für Deutschland den Confed Cup gewonnen. Welche Rolle spielt das in Ihrer Erinnerung?

Jeder der letztes Jahr dabei war, weiß, wie toll es ist, am Ende einen Pokal in die Höhe zu strecken. Das sollte für alle der Anreiz sein.

Nach dem Champions-League-Finale standen die Patzer von Loris Karius im weltweiten Fokus. Unabhängig davon, ob ihn eine Gehirnerschütterung beeinträchtigt haben könnte: Wie haben Sie das erlebt?

Natürlich fühlt man mit, obgleich Mitleid das letzte ist, was er gebrauchen konnte. Ich fand, dass er außer den beiden Fehlern ein Topspiel gemacht hat. Ich hoffe, dass er jetzt im Urlaub abschalten kann. Eigentlich will man nach einem solchen Spiel sofort weiterspielen, um es vergessen zu machen. Ich glaube auch, dass er so viel Charakter besitzt, um mit der Situation klarzukommen.

Ihnen sind bei Ihren ersten Länderspielen ähnliche Blackouts unterlaufen. Und viele fragten, wie das passieren konnte.

Das habe ich mir auch gedacht: Das kann doch nicht sein! Aber wir sind alle keine Maschinen. Das ist übrigens das, was mein Opa mir beigebracht hat. Man kann uns nicht einfach wie eine Maschine einstellen und einen Rhythmus abspulen lassen. Keiner ist fehlerlos. Das ist unangenehm, betrifft aber den Job genauso wie das Privatleben.

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