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  • Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit

Der nicht westliche Gipfel

Von den USA angefeindet, kooperieren China und Russland in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit

  • Falk Hartig
  • Lesedauer: 4 Min.

Dieses Wochenende findet im ostchinesischen Qingdao das 18. Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) statt. Und auch wenn die Welt gerade zum G7-Gipfel nach Kanada schaut und vor allem nächste Woche nach Singapur zum Trump-Kim-Gipfel schauen wird, wäre es sträflich, das SOZ-Treffen zu ignorieren.

Denn in dieser internationalen Organisation kommen acht Mitgliedsstaaten zusammen, nämlich China, Indien, Kasachstan, Kirgisistan, Pakistan, Russland, Tadschikistan und Usbekistan. Sie deckt ein Gebiet ab, in dem rund 3 Milliarden Menschen leben, knapp 18 Prozent der derzeit bekannten globalen Ölreserven sowie die Hälfte aller Gasreserven lagern und ein Bruttoinlandsprodukt von rund 14 Billionen US-Dollar erwirtschaftet wird. Die SOZ beschäftigt sich mit der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten, insbesondere mit der landesübergreifenden gemeinsamen Terrorbekämpfung, sowie mit Wirtschafts- und Handelsfragen.

Wenn sich der Westen denn überhaupt mit der 2001 in Shanghai gegründeten Organisation befasst, dann vor allem, da sie als Versuch interpretiert wird, ein Gegengewicht oder gar einen Gegenpol zum Westen und zu den USA aufzubauen. Gänzlich von der Hand zu weisen ist diese Interpretation nicht, auch wenn die Eigeninteressen der acht Mitgliedsstaaten nicht außer Acht gelassen werden sollten.

So haben China und Russland als die beiden maßgeblichen Staaten innerhalb der SOZ durchaus unterschiedliche Prioritäten. Während Peking zunehmend die ökonomische Komponente im Zuge seiner global ausgreifenden Neue-Seidestraßen-Initiative betont, unterstellen einige Beobachter Moskau, die SOZ zu einem »antiwestlichen Klub« machen zu wollen. Bereits am Freitag traf der russische Präsident Wladimir Putin in Peking ein. Beim Besuch nannte chinas Staatschef Xi Jinping Putin seinen »besten Freund«, beide Länder vereinbarten eine engere - auch militärische - Zusammenarbeit, und sprachen über Nordkorea und Iran.

Moskau sucht verstärkt die wirtschaftliche Nähe zu China, nachdem eine Reihe westlicher Sanktionen gegen Russland vor allem den wichtigen Energiesektor und die Militärindustrie treffen und den Zugang des Landes zu den globalen Finanzmärkten einschränken. Beide Länder hatten zuvor vereinbart, ihr Handelsvolumen bis 2020 auf 200 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppeln zu wollen. Als derzeit wichtigstes Wirtschaftsprojekt gilt der Bau der Gaspipeline Sila Sibirii (Kraft Sibiriens), die russisches Gas nach China liefern soll.

Unbestreitbar ist die nicht westliche Ausrichtung der Organisation, die Afghanistan, Weißrussland, Iran und der Mongolei den Status von Beobachtern verliehen hat und mit Aserbaidschan, Armenien, Kambodscha, Nepal, der Türkei und Sri Lanka Dialogpartnerschaften unterhält.

Durch die Aufnahme Indiens und Pakistans im vergangenen Jahr hat die ursprünglich auf Zentralasien beschränkte Institution global an Gewicht gewonnen. Die große Frage ist daher, welches geopolitische Gewicht die SOZ künftig haben wird und inwiefern sie eine Sicherheitsstruktur für die Region schaffen kann. Aufgrund der Entscheidungsfindung durch Konsens löst die SOZ (bisher) keine Probleme zwischen Mitgliedsstaaten, und es werden in der Regel auch keine strittigen Themen diskutiert. Der Umgang mit den beiden Neumitgliedern, die eine überaus schwierige Beziehung zueinander haben, wird künftig eine Herausforderung der SOZ. Sollten pakistanische und indische Truppen irgendwann einmal beide an einer gemeinsamen SOZ-Militärübung teilnehmen, wäre das eine beachtliche Entwicklung.

Soweit bisher bekannt, werden die Teilnehmer Maßnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus, Extremismus und Separatismus, Drogenhandel und Cyberkriminalität erörtern. Gastgeber China wird sein Seidenstraßen-Projekt betonen und auf mehr regionale Wirtschaftskooperationen drängen. Die zu verabschiedende »Qingdao-Erklärung« wird gegenseitiges Vertrauen und gegenseitigen Nutzen betonen, und ein Fünfjahresplan für die Umsetzung des »Vertrags über eine langfristige gute Nachbarschaft, Freundschaft und Zusammenarbeit« soll ratifiziert werden.

Wichtiger wird sein, wie sich die SOZ Iran gegenüber verhält, da es innerhalb der SOZ immer wieder Debatten gab, das Land zum Mitglied aufzuwerten. Vor seiner Abreise am Freitag nach China hatte der iranische Präsident Hassan Ruhani die Alleingänge von Trump kritisiert und gesagt, die unilaterale Politik der USA schwäche »das Vertrauen in die international anerkannten Abkommen und in Diplomatie allgemein«. Ruhani forderte die Weltgemeinschaft auf, etwas zu unternehmen.

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