Ein wenig Rosa in dunkler Zeit

Ein Kunstwerk als Symbolbild weltweiter Flüchtlingspolitik

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Ein kleines schwarzes Mädchen übersprüht ein großes Hakenkreuz, blickt den Betrachter auf einer Kiste stehend erschrocken, verzweifelt an. Am Boden liegen Schlafsachen und ihr Teddybär. Eine erbärmliche Heimstatt und diese auch noch bedroht. Ein Kind, alleingelassen, darauf angewiesen, seiner Umwelt selbst ein wenig rosa Farbe entgegenzusetzen.

Das neueste Kunstwerk, das dem Street-Art-Künstler Banksy zugeschrieben wird, tauchte mit fünf anderen mutmaßlichen Werken des Briten am Wochenende in Paris auf. Interpretiert wird das Bild mit dem Mädchen, das sich in der Nähe eines ehemaligen Flüchtlingsaufnahmezentrum befindet, als Kritik an der französischen Asylpolitik. An Zuständen wie in Paris, wo Flüchtlinge auf den Straßen campieren müssen.

Gelungen ist dem Künstler (ob nun Banksy oder nicht) mit seinem Werk über die französischen Verhältnisse hinaus ein universelles Symbolbild für den Umgang mit Flüchtlingen in Zeiten eines weltweit spürbaren Rechtsrucks, der Wiederkehr des Nationalismus, der Heilssuche in Abschottung, Abschreckung, Antihumanismus. Kinder in Käfigen und bald in Gefängnissen in den USA, Menschen, die auf Hilfsschiffen im Mittelmeer festsitzen, weil ihnen auf europäischem Land niemand mehr helfen will, ein fortgesetzter Wettstreit darum, wer Flüchtlinge am schlechtesten behandelt, damit sie woanders Hilfe suchen mögen.

In der Europäischen Union ist man derweil nach dem Sondertreffen am Sonntag und vor dem regulären Gipfel Ende dieser Woche einer gemeinschaftlichen Lösung von Migrationsfragen kaum einen Schritt näher gekommen. Dem Mädchen auf dem Bild wäre damit auch nicht geholfen. Gearbeitet wird da nämlich nicht an der rosa Farbe; eher an dem, was sie verdecken soll. mdr Seiten 4, 6 und 7

- Anzeige -

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.