Arm trotz Arbeitsplatz

Andreas Fritsche über den Aufschwung, der vielen nicht hilft

Eine Arbeit zu finden, irgendeine, das ist in Berlin und im Berliner Umland lange nicht mehr so schwierig wie vor 10, 20 oder 25 Jahren. Die Frage ist nur, ob man von seinem Arbeitslohn seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Ein Gehalt, das in Berlin vor zehn Jahren durchaus noch für einen Lebensstandard der Mittelschicht genügte, ermöglicht heute bloß noch ein ärmliches Dasein. Verantwortlich dafür sind in erster Linie die explodierten Mieten. Das erklärt die trotz aller Erfolgsmeldungen der Arbeitslosenstatistik weit verbreitete Unzufriedenheit. Nicht in allen, allerdings in vielen Fällen gilt: Die Armut durch Arbeitslosigkeit macht depressiv, die Armut trotz Arbeitsplatz macht aggressiv.

Die Dinge hängen miteinander zusammen. Weil die Jugend nicht mehr auf der Suche nach Arbeit fortzieht, weil im Gegenteil mehr Menschen nach Berlin strömen, werden nicht nur die Wohnungen knapp. Es wird auch sehr eng in den Bussen und Bahnen, weil viel mehr Berufstätige zur Arbeit pendeln als früher. An einigen S-Bahn-Stationen herrschen zu den Stoßzeiten regelmäßig chaotische Zustände. Es wird verzweifelt gedrängelt und geschoben, die Fahrgäste treten sich aus Versehen auf die Füße, stehen aneinandergequetscht - und wer auf dem Bahnsteig zurückbleibt, dem bietet die Durchsage, der nächste Zug folge, nur wenig Hoffnung. Denn der nächste Zug ist garantiert genauso überfüllt.

Dies alles sind Gründe, warum Berlin kein so schöner Ort zum Leben ist, wie er es unter anderen Bedingungen sein könnte.

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