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Schwarzer Freitag für Real

Bündnis »Aktion Arbeitsunrecht« plant Proteste gegen Konzernpolitik in 15 Städten / ver.di ruft zu Streiks auf

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Freitag könnte für die Einzelhandelskette Real des Metro-Konzerns doppelt unangenehm werden. Als Reaktion auf die Tarifflucht und die Ausgliederung aller 34.000 Mitarbeiter in ein neues Unternehmen hat ver.di nun zu Streiks aufgerufen. In einigen der bundesweit mehr als 280 SB-Warenhäusern könnte die Arbeitsniederlegung schon in den nächsten Tagen beginnen. Zusätzlich plant das Bündnis »Aktion Arbeitsunrecht« für Freitag Proteste vor und in Real-Märkten. Unter dem Motto »Der Horror ist real« sind bisher Aktionen in 15 Städten geplant. Mit dem mittlerweile zum siebten Mal stattfindenden Aktionstag »Schwarzer Freitag« will das Bündnis auf schlechte Arbeitsbedingungen aufmerksam machen und Konzerne unter Druck setzen.

Die geplanten Proteste versprechen Kreativität: In Bielefeld etwa wollen Real-Beschäftigte symbolisch gegen das Unternehmensmanagement Fußball spielen. Geschlichtet werden soll das unfaire Match durch einen »gelben Schiedsrichter der DHV«. Real hatte mit der arbeitgeberfreundlichen Gewerkschaft einen Tarifvertrag abgeschlossen, der weitaus geringere Löhne als zuvor vorsieht. Laut einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes von Ende Juni ist die DHV jedoch bis auf weiteres nicht tariffähig.

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Ebenfalls In Bielefeld wollen Aktivisten Wasser und Brot für die drohende »Altersarmut« verteilen. Damit soll auf Real-Beschäftigte hingewiesen werden, die ihr Einkommen mit Hartz-IV aufstocken müssen. In Düsseldorf will man vor der Firmenzentrale der Metro eine große »Rote Karte« präsentieren, die aus zahlreichen Unterschriftenlisten von Beschäftigten zusammengesetzt ist. Zudem ist in der Stadt eine Kundgebung vor einer Konzerthalle geplant, die von der Metro gesponsert wird. In Berlin wird der Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser (LINKE) auf einer Protestkundgebung sprechen. Elmar Wigand, Sprecher von »Aktion Arbeitsunrecht«, weist gegenüber »nd« auf die Notwendigkeit der Proteste hin: »Real hält sich nicht an Vereinbarungen und ist Vorreiter beim Einsatz von Leiharbeitern, bei der Nutzung von Werkarbeitsverträgen und bei der Umgehung von Ladenschlusszeiten.«

Der Umgang mit dem Leiharbeiterpersonal lässt sich gut am Beispiel von Heike Orzol aufzeigen. Fast fünf Jahre lang arbeitete die Kassiererin bei Real. Ihr Vertrag lief jedoch über die Leiharbeitsfirma Mumme, sie verdiente nach eigener Aussage rund ein drittel weniger als die Festangestellten. Zum 1. April 2017 beschloss die damalige Regierung die sogenannte »Equal Pay«-Regelung, wonach Leiharbeiter nach neun Monaten Betriebszugehörigkeit das gleiche Gehalt wie Festangestellte erhalten sollen. Die Reaktion der Metro: Orzol und weitere Kassiererinnen, die seit Jahren über Mumme bei Real beschäftigt waren, erhielten zum Stichtag 31.12.2017 ihre Kündigungen. Orzol wurde gleichzeitig angeboten, nach Ablauf von drei Monaten wieder anfangen zu können - ohne Ansprüche auf gleiches Gehalt. Mumme erklärte, dass Real keine Leiharbeiter mehr von ihnen wolle, die länger als neun Monate im Unternehmen sind. »Ich habe mich Jahre für Real aufgeopfert und dann trat man mich mit Füßen«, sagt Orzol gegenüber »nd«. Die Kassierin klagte gegen ihre Behandlung und bekam vor dem Arbeitsgericht recht.

»Was die Metro jetzt mit den Real-Beschäftigten macht, finde ich nicht in Ordnung«, sagt Orzol. »Es ist toll, dass sich nun die Leute wehren.«

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