6,2 Millionen kamen ins Ozeaneum

Das Flagschiff der Museumslandschaft Mecklenburg-Vorpommern ist wird zehn Jahre alt

  • Martina Rathke, Stralsund
  • Lesedauer: 3 Min.

Durchgearbeitete Nächte, ein Schwarmfischbecken ohne Tiere und hohe Baukosten, die eine zusätzliche Finanzspritze erforderten: Das Stralsunder Ozeaneum stolperte vor zehn Jahren in seine Eröffnung. Während am 11. Juli 2008 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihr Grußwort hielt, waren Bauarbeiter und Aquarianer in den Ausstellungen noch schwer beschäftigt. Den Direktor des Deutschen Meeresmuseums, Harald Benke, so erinnert er sich, interessierte damals nur eine Frage. «Können wir in Zukunft wirklich so viele Besucher interessieren, dass sich das Ozeaneum wirtschaftlich trägt?»

Die öffentlichen Zuwendungsgeber von Bund, Land und Stadt setzten die Übernahme der Baukosten von rund 60 Millionen Euro unter eine Bedingung: Das Ozeaneum muss seine Betriebskosten über die Einnahmen selbst refinanzieren. Wirtschaftlichkeitsberechnungen sahen ein absolutes Besucherminimum von 500 000 Gästen pro Jahr vor, mit Reinvestitionspolster von 550 000. Die 500 000-Marke wurde in keinem, die 550 000-Marke nur in drei Jahren unterschritten. Seit 2015 zeigen die Besucherzahlen wieder nach oben.

In den vergangenen zehn Jahren kamen rund 6,2 Millionen Menschen in die Ausstellungen und Großaquarien des Ozeaneums, um dort in das Universum «Meer» einzutauchen. Das Ausstellungszentrum wurde mit der Eröffnung zum Flaggschiff der Museumslandschaft in Mecklenburg-Vorpommern und profitierte dabei von seiner Nähe zu den Urlauberhochburgen auf der Insel Rügen. Den Grund für den Besucheransturm sehen die Museumsmacher in der ständigen Weiterentwicklung des Standortes. Seit 2014 richtet das Ozeaneum seinen Fokus auf ein Jahresthema wie Plastikmüll, Tiefsee oder Kraken. Im Jahr 2010 wurde die Einrichtung zu «Europas Museum des Jahres» gekürt.

Doch der Erfolg des Ozeaneums hat seine Schattenseiten, denn es steht in Konkurrenz zum Stammhaus, dem Meeresmuseum. Dort brachen die Besucherzahlen auf etwa 200 000 Gäste pro Jahr ein. Das Meeresmuseum soll nun vom kommenden Jahr an umfassend rekonstruiert werden. Mit seiner Ausstellung über die Warmwassermeere soll es sich klar von der Ausstellung des Ozeaneums abgrenzen, das sich den Kaltwassermeeren widmet. Land und Bund finanzieren die Umgestaltung des Meeresmuseums mit 30 Millionen Euro. Dass dann ein Sogeffekt zugunsten des Meeresmuseums und zu Lasten des Ozeaneums eintreten könnte, sei der Stiftung bewusst, sagt Direktor Benke. «Wir hoffen deshalb, dass es zum 1. Januar 2019 zur Fusion beider Häuser kommt. Mit einer Fusion von Meeresmuseum und Ozeaneum würden Besucherzahlen zusammengerechnet. Und die Summe sei stabil. Doch Benke betont: Die öffentlichen Zuwendungen - das hätten die Zuwendungsgeber bereits signalisiert - würden im Zusammenhang mit der Fusion nicht steigen.

Wie der Kaufmännische Direktor Andreas Tanschus erläuterte, soll die Ozeaneum-GmbH über einen Asset Deal - eine spezielle Art des Unternehmenskaufs - in die Stiftung integriert werden. Die Museumsmacher erhoffen sich Synergien, wie den Wegfall von internen Aufwendungen bei der Verrechnung zwischen den Häusern. »Wir mussten da in der Vergangenheit sehr penibel sein und nachweisen, dass es keine Quersubventionierung gibt.« Statt zwei Jahresabschlüssen werde es künftig nur einen geben. Die Einsparungen sollen den Beschäftigten zugute kommen. Die Mitarbeiter des Ozeaneums würden künftig wie ihre Kollegen im Meeresmuseum nach Tarif des öffentlichen Diensts bezahlt. Alle Planstellen - 60 im Ozeaneum, 55 im Meeresmuseum - sollen erhalten bleiben.

Nach Umgestaltung des Schwarmfischbeckens stehen im Ozeaneum weitere Modernisierungen an. So soll die Ausstellung über die Weltmeere stärker auf das Thema Tiefsee ausgerichtet werden. »Die Tiefsee ist noch immer weniger erforscht als der Mond«, sagte Benke. In einem ersten Schritt ziehen Glasmodelle von Juwelenkalmaren in die Ausstellung.

Im mitten in der Stralsunder Altstadt gelegenen Meeresmuseum sollen die Bauarbeiten Ende 2019 starten. Eine Herausforderung: »Ein Umbau in der Altstadt ist viel komplizierter als ein Neubau auf der grünen Wiese«, sagt Tanschus. Ab 2020 soll das Stammhaus dann für den Umbau bis 2022 geschlossen werden, so die Planungen. dpa/nd

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