ICE-Strecke soll Kinzigtal entlasten

Hessens LINKE fordert Ausbau des Nahverkehrs

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

Gut drei Jahrzehnte sind seit der Fertigstellung und Inbetriebnahme der ICE-Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen dem hessischen Fulda und dem bayerischen Würzburg im Frühjahr 1988 vergangen. Diese Trasse halbierte damals die Fahrzeit zwischen beiden Knotenpunkten und wurde in der Bundesrepublik der späten 1980er Jahre als erste Etappe des neuen ICE-Netzes gefeiert.

Zu den Engpässen im überregionalen Personen- und Güterverkehr gehört seither der Abschnitt zwischen Fulda und dem Rhein-Main-Gebiet um die Bankenmetropole Frankfurt. Eine modernere Trassenführung dort war bereits seit 1992 im Bundesverkehrswegeplan vorgesehen. Während ICE-Züge längst zwischen Würzburg und Hannover wie auch zwischen Bamberg, Erfurt und Halle auf neuen Trassen mit Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 300 Stundenkilometern durch Mittelgebirgslandschaften brausen können, gilt der gut 90 Kilometer lange Abschnitt durch das Kinzigtal seit Jahren als Nadelöhr des Personen- und Güterfernverkehrs auf Schienen. Selbst ohne Stopp in Hanau brauchen die schnellsten ICE-Züge derzeit für die Strecke 53 Minuten.

Nun scheinen die Planungen für den Bau einer neuen Trasse endlich wirklich voranzukommen. Nach jahrelangen Debatten über verschiedene Varianten für einen neuen Streckenverlauf zwischen Hanau und Fulda, Dialogverfahren mit regionalen Gebietskörperschaften und Bürgerforen fielen bei der Deutschen Bahn dieser Tage die Würfel für die sogenannte »Variante IV«, die jetzt die Basis für das anstehende Raumordnungsverfahren bilden soll.

Kernstück dieser Variante ist eine rund 44 km lange Neubautrasse zwischen Fulda und Gelnhausen, der Kreisstadt des Mainz-Kinzig-Kreises. Sie soll über 28 Kilometer durch Tunnel verlaufen, weitere vier Kilometer sind Brücken. Ein ausschlaggebender Punkt für die Streckenführung war nach Angaben des verantwortlichen DB-Chefplaners Gerd Dietrich Bolte die Tatsache, dass die Trasse mehr oder weniger parallel zur Autobahn 66 verlaufen soll. Aufgrund der kurzen Wege zur jeweils nächstgelegenen Autobahnausfahrt könne der Bau beschleunigt und die Belastung der Bevölkerung durch den Baustellenverkehr klein gehalten werden, so Bolte.

Nutzen für die Menschen in der Region sieht Bolte auch in der Tatsache, dass nach Ende der Baumaßnahmen nicht nur ICE-Züge, sondern - vor allem nachts - auch viele Güterzüge die neue, im wesentlichen ortsferne Trasse nutzen können, was die Lärmbelastung an der alten und derzeit hoffnungslos überlasteten Kinzigtalstrecke reduziere. Zudem würden dort Kapazitäten für zusätzliche Regionalzüge frei und der Nahverkehr könne deutlich pünktlicher werden.

Die neue Trasse wird von allen relevanten politischen Kräften im derzeit schwarz-grün regierten Hessen als Fortschritt begrüßt und dürfte im anlaufenden Landtagswahlkampf keine Kontroversen auslösen. Um den Bahnverkehr insgesamt attraktiver zu machen, müsse das Land nun allerdings »auch seine Hausaufgaben im Regionalverkehr machen«, sagt die hessische Linksfraktionschefin Janine Wissler. »Schnelle Verbindungen zwischen Großstädten nützen ohne flächendeckenden Taktverkehr nichts, wenn Fahrgäste anschließend auf den Bahnsteigen warten und die Zeit wieder auf den Zubringern im Regionalverkehr verlieren oder wenn das eigene Dorf erst gar nicht brauchbar an den ÖPNV angeschlossen ist«, so Wissler.

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