Guter Bauer, böser Bauer
Tom auf Tour
Gute Bauern - aus Sicht der Tourorganisatoren - mähen für schöne Bilder das Logo der Frankreichrundfahrt ins Feld. Böse Bauern hingegen nutzen die Strecke für Proteste. 29 Kilometer nach dem Start der 16. Etappe fielen plötzlich mehrere Heuballen von einem Hänger. Sie versperrten einen Teil der Straße. Die Polizei war sofort im Einsatz - offensichtlich auch mit Pfefferspray. Jedenfalls rieben sich auch zahlreiche Profis die Augen und wuschen sie mit Wasser aus. Die Tourärzte teilten eifrig Flaschen aus.
Tourchef Christian Prudhomme stoppte das Rennen. Radsportler mit Augen, die nicht richtig sehen können, in wilde Berg- und Talfahrten zu lassen, wäre unverantwortlich gewesen. Dass der Belgier Philippe Gilbert später als Führender trotzdem stürzte - kopfüber in den Graben und ausgerechnet am Col de Mente, der 1995 zum Todesberg des dort gestürzten Fabio Casartelli wurde - hatte offenbar nichts mit jenen Sichtbehinderungen zu tun.
Die Proteste am Rande der Tour kommen allerdings nicht überraschend. Immer wieder sind es vor allem Bauern aus der Region Okzitanien, die gegen die geplante Reduzierung von EU-Subventionen protestieren. Im Februar hatten sie mit ihrem Großgerät die Stadtautobahn von Toulouse lahmgelegt.
Die Tour war früher häufiger Bühne für Proteste. Vor allem in den 70er und 80er Jahren reizte die Sichtbarkeit des Rennens im Fernsehen zu spektakulären Aktionen. 1974 wurde die 19. Etappe der Tour von Bauern in Südfrankreich komplett geblockt. Im selben Jahr gab es Bombenattentate der kleinen baskischen Untergrundorganisation GARI, verbunden mit der Aufforderung an spanische Radprofis, sich von der Tour zurückzuziehen. 1982 stoppten Stahlwerker das Mannschaftszeitfahren. Die Etappe wurde annulliert.
Die auch wegen der Terrorgefahr immer engere Zusammenarbeit mit der Polizei sorgte zuletzt dafür, dass weniger protestiert wurde. Etwa eine Stunde vor der Werbekarawane fährt auch eine große Walze über den Parcours, die »unerwünschte« Botschaften vom Asphalt tilgt.
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