Fechter ohne Siegtreffer

Erstmals nach 47 Jahren gibt es keine deutsche WM-Medaille. Der Blick in die Zukunft sieht nicht viel besser aus

  • Dietmar Fuchs, Wuxi
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Medaillenbank des legendären Tauberbischofsheimer Cheftrainers Emil Beck ist geschlossen. Um 13.06 Uhr Ortszeit in Wuxi wurde am Donnerstag aus den schlimmen Befürchtungen bittere Gewissheit: Die deutschen Fechter beenden in China eine Weltmeisterschaft erstmals seit Wien 1971 ohne Medaille. »Es ist eingetreten, was eintreten konnte, was wir aber vermeiden wollten«, kommentierte der völlig niedergeschlagene Sportdirektor Sven Ressel das Geschehen. »Enttäuschung pur!« - das brachte die Bilanz zwei Jahre nach den ebenfalls medaillenlosen Olympischen Spielen von Rio auf den Punkt.

Als Anne Sauer im Florett-Viertelfinale gegen die Französin Thibus den Treffer zur 38:45-Niederlage hinnehmen musste, war klar: Erstmals nach 47 Jahren bleiben deutsche Fechter ohne WM-Podestplatz. Die anderen Teams scheiterten im Achtelfinale. Mit Wehmut erinnern sie sich nun an die Zeiten von Beck: Der 2006 gestorbene Trainer war ein »Medaillenschmied«, er führte auf dem Höhepunkt seines Wirkens Anja Fichtel, Sabine Bau und Zita Funkenhauser bei Olympia 1988 zu Gold, Silber und Bronze mit dem Florett.

Bei der WM in Wuxi fehlte den Florettfechtern beim 44:45 gegen Gastgeber China ein Treffer, die Frauen verloren mit dem Säbel erwartungsgemäß mit 33:45 gegen den Olympiafünften Südkorea. Am Ende standen Platz sieben für die Florettfechterinnen, der Absturz der Männer auf Rang 15 und Position elf für die Säbelfechterinnen.

Doch schon in diesen Minuten forderte Ressel sich, die Trainer und die 24 Athleten zum Kampf um schnelle Besserung auf: »Wir setzen unseren eingeschlagenen Weg noch konsequenter fort«, kündigte der Sportchef für die im April 2019 beginnende Olympiaqualifikation an. Er will alle Kräfte bündeln, die Trainingseinheiten noch stärker konzentrieren - aber auch konsequent sein und notfalls personell nachjustieren. »Nur diejenigen, und da sind nicht nur die Aktiven gemeint, die an sich glauben und den Willen haben, die Olympiaqualifikation mit aller Kraft angehen zu wollen, werden auf ihrem Weg mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützt.« Ressel glaubt fest daran, dass es junge Sportler »mit Potenzial« gibt: »Diese Athleten werden wir unterstützen. Wir können das schaffen! Der Glaube stirbt zuletzt!«

Indes: Von den positiven Elementen gibt es aktuell eindeutig zu wenige. Dass die 18-jährige Leonie Ebert mit dem Florett Platz elf belegte, ist erfreulich, zeugt vom Potenzial der früheren Nachwuchsweltmeisterin. Medaillenhoffnungen indes erfüllten sich nicht: Europameister Max Hartung wurde mit dem Säbel Elfter und erreichte mit dem Team lediglich Rang fünf, den Vorjahresdritten Richard Schmidt ereilte diesmal der Erstrunden-K.o. - Platz 36 ist eine Enttäuschung für den Degenfechter.

Dass Olympiasieger Benjamin Kleibrink und der viermalige Einzelweltmeister Peter Joppich mit dem Florett nur die Positionen 55 und 64 einnehmen, zeugt davon, dass die Besten der anderen Nationen weit enteilt sind. Auch die Abstürze von Florettfechterin Sauer auf Rang 33, von Degenfechterin Alexandra Ndolo auf 76 und von Anna Limbach mit dem Säbel sind bitter: Bei der WM 2017 war sie noch Fünfte, Ndolo und Sauer waren Achte. Mit dem Degen wurden die Frauen Achte, die Männer Zwölfte.

In den Einzeldisziplinen erreichten nur Leonie Ebert, Eva Hampel, Max Hartung, Benedikt Wagner und Alexander Kahl ein Achtelfinale. Ressels ernüchternde Erkenntnis von Wuxi: »Ich versuche wirklich alles, damit wir erfolgreich sind, aber leider setzen unsere Fechter nicht die Siegtreffer.«

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