Deutschlands größtes Holzhaus entsteht

Wohnungsbaugenossenschaft Am Ostseeplatz baut innovativ und bezahlbar

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Direkt an der Ringbahn, kurz hinter dem Bahnhof Wedding, entstehen Vorzeigebauten. Drei Wohnhäuser entstehen auf dem schmalen Streifen zwischen der Gleistrasse und der Lynarstraße in atemberaubendem Tempo. »Wir haben nur eine Woche für eine Etage gebraucht«, berichtet Architekt Felix Hiller vom Generalplaner Schäfferwenningerprojekt. Das gelang dank serieller Bauweise, die Bauelemente wurden vorgefertigt angeliefert und mussten nur noch verbunden werden.

Mit sieben Geschossen, 98 Wohneinheiten, vier Gewerbeeinheiten und einer Kita wird es Deutschlands größtes Holzhaus. Denn mit Ausnahme des Sockelgeschosses aus Beton besteht die gesamte Konstruktion aus Holz, sogar die Fahrstuhlschächte. Weil die Bauordnung zum Zeitpunkt der Beantragung das noch nicht hergab, musste sehr viel experimentell nachgewiesen werden.

Die Vorteile sind vielfältig. Neben den vermiedenen Kohlenstoffdioxid-Emissionen für die Herstellung klassischer Stein-Baustoffe lagern im verbauten Holz noch weitere 180 Tonnen CO2, hat Hiller ausgerechnet. »Außerdem produziert die Baustelle wesentlich weniger Staub und Lärm als mit herkömmlichen Methoden«, erklärt Hiller. Das steigert die Akzeptanz in der Nachbarschaft. Allerdings rechnet der Bauherr, die Wohnungsbaugenossenschaft Am Ostseeplatz mit Mehrkosten von fünf bis zehn Prozent. »Teilweise wird das aber durch die schnellere Fertigstellung wieder wettgemacht«, erklärt Hiller.

Immerhin hat Rot-Rot-Grün die Zeichen der Zeit erkannt und mit der im April novellierten Bauordnung Holzbau vereinfacht. »Damit wollen wir mehr Nachhaltigkeit in die Bautätigkeit und die Bauindustrie bringen«, sagt Andreas Otto, Stadtentwicklungsexperte der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

Otto ist nicht auf der Baustelle, dafür Katrin Göring-Eckardt, Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion. Sie ist nicht nur von der ökologischen, sondern auch von der sozialen Dimension des Projekts beeindruckt. Es gibt in dem Haus keine klassischen Einzelwohnungen, sondern sogenannte Wohncluster. Mehrere Wohneinheiten mit ein bis drei Zimmern und jeweils eigenem Bad und Miniküche teilen sich eine große Gemeinschaftsküche sowie einen weiteren Gemeinschaftsraum. Und das zu vergleichsweise günstigen Konditionen: Die geförderten Wohnungen kosten 6,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter, der frei finanzierte Teil 8,50 Euro.

Im November sollen die ersten Mieter einziehen. »Wir nehmen derzeit vorrangig Geflüchtete in die Bewerberliste auf«, erklärt Richard Schmitz, Vorstand der Genossenschaft. Eine der Clusterwohnungen wird als Wohngemeinschaft für Demenzkranke genutzt werden. In einem der Gewerberäume wiederum wird der Verein Berliner Obdachlosenhilfe einziehen und dort eine Küche sowie ein Nachtcafé betreiben. »Wir suchen noch Spender für den nötigen Fettabscheider«, sagt Schmitz.

Zunächst blickten die Anwohner skeptisch auf das Bauprojekt in der Lynarstraße. »Die dachten, dass dort wieder hochwertiges Eigentum entsteht«, sagt Schmitz. Seitdem die Wohnungsbaugenossenschaft auf dem Baugerüst über die Ziele und die geplanten Mieten informiert, ist die Stimmung freundlich. »Genossenschaften können in Gentrifizierungsgebieten stabilisierend wirken«, ist der Vorstand überzeugt. Wenn der Senat mehr Bauland bereitstellen würde, könnten die Genossenschaften den Wohnungsmangel entschärfen.

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