Nicht nur eine Sorge weniger

Johanna Treblin über ein neues Projekt gegen Obdachlosigkeit

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 2 Min.

Es hat lange gedauert, bis der Ansatz auch in Berlin angekommen ist. Die Idee von Housing First, was in etwa so viel heißt wie: »Zuerst die Wohnung«, wurde bereits in den 90er Jahren in New York entwickelt. Mittlerweile haben auch Finnland und Großbritannien ähnliche Projekte gestartet, und auch in Deutschland gibt es Vorbilder. Längst gibt es Studien, und ein »Housing First Guide Europe« findet einen fundierten Überblick und macht konkrete Umsetzungsvorschläge.

Seit vier Jahren ist die Hilfsorganisation Neue Chance im Gespräch mit der Sozialverwaltung, auch in Berlin ein Projekt zu starten. Der Wechsel von einem CDU-Senator zu einer LINKEN Senatorin hat es nun endlich möglich gemacht.

Endlich, weil Studien zeigen, dass acht von zehn Menschen mit Hilfe von Housing First dauerhaft aus der Obdachlosigkeit geholt werden konnten. Das liegt erstens an der niedrigen Einstiegshürde, zweitens daran, dass die Teilnehmer nicht bei ersten Schwierigkeiten wieder aus der Wohnung geworfen werden und drittens daran, dass ein fester Wohnsitz stabilisierend wirkt. Es ist nicht einfach nur eine Sorge weniger - sondern die größte Sorge fällt weg. Studien belegen, dass in Housing-First-Projekten der Drogenkonsum und Alkoholabhängigkeiten sinken und die Lebensqualität insgesamt verbessert wird.

Mit einem Modellprojekt für 40 Personen kann die Obdachlosigkeit auf Berlins Straßen natürlich nicht beseitigt werden. Aber diesen 40 Menschen wird konkret geholfen. Und wenn das Modellprojekt erfolgreich ist, wird es hoffentlich weiter ausgebaut.

Dafür muss allerdings auch ein anderes Problem angegangen werden: die steigenden Mieten. Denn je mehr diese in die Höhe schießen, desto teurer werden soziale Projekte wie diese für den Senat. Er täte also gut daran, endlich wirksame Maßnahmen gegen die Preisschraube umzusetzen und Schlupflöcher, die beispielsweise die Mietpreisbremse umgehen, zu schließen.

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