Kohl und Kartoffeln auf dem Gendarmenmarkt
Der Berliner Gendarmenmarkt wird gepflügt. So geschehen im November 1942. Im vierten Kriegsjahr. Bei Stalingrad beginnt die Rote Armee mit der Einkesselung der 6. deutschen Armee. Alliierte Bomber fliegen bereits die »Reichshauptstadt« an. In Deutschland verschärft sich die Ernährungslage, trotz rücksichtslosester Ausplünderung der von der Hitlerwehrmacht eroberten Staaten Europas. Lebensmittel gibt es fast nur noch auf Bezugsschein. Da müssen Kartoffeln und Kohl eben auch auf einem Musenplatz gepflanzt werden. Daran erinnert ein von Antonia Meiners herausgegebenes handliches hauptstädtisches Fotoalbum aus düsterer Zeit. Die in Bamberg geborene und in Berlin aufgewachsene Kulturwissenschaftlerin dokumentiert, wie es dazu kam, kommen musste. Am Anfang war die Hybris, die Verführung und Verblendung von Millionen. Sie jubeln bei der Bücherverbrennung auf dem Opernplatz (heute Bebelplatz), erwarten kreischend, Hakenkreuzfähnchen schwenkend ihren »Führer« und amüsieren sich in Tanzlokalen, während die SA Juden jagt und die Synagoge in der Fasanenstraße brennt, Kommunisten, Sozialdemokraten und andere Oppositionelle verhaftet und verschleppt werden. Hitlerjungen marschieren trommelnd über den Lustgarten, nicht ahnend, dass auch sie kurz vor Schluss noch in Hitlers Krieg »verheizt« werden. Am Ende ist Berlin - wie viele andere deutsche Städte - eine trostlose Trümmerlandschaft. Fotos, die mahnen: Nie wieder! ves
Foto aus dem Buch
Antonia Meiners: Berlin. Eine Chronik in Bildern 1933 - 1945. Braus, 111 S., br., 12,95 €.
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