Peng! verschickt deutsche Pässe nach Libyen

Das Aktionskollektiv Peng! startet den zweiten Teil seiner Mask-ID Kampagne

Berlin. Das Peng!-Kollektiv hat am Dienstagmorgen eigenen Angaben zufolge fünf Pässe mit geteilten Foto-Daten via DHL auf den Weg nach Libyen gebracht. Damit will das Kollektiv den Menschen eine sichere Einreise nach Europa ermöglichen. Mit einem Live-Stream via Twitter begleiteten sie den Versand. Mit dieser Aktion richten sie sich gegen die aktuelle Asylpolitik der Europäischen Union. Titel der Aktion ist entsprechend »Mask ID - Part II: Unmasking European Union« - Die europäische Union demaskieren. In einem ersten, schon früher begonnen Teil des Projekts kritisierten sie die neu geschaffenen Überwachungsmöglichkeiten in Deutschland und der Europäischen Union.

In einem zur Aktion produzierten Film beschreibt Peng! die Situation für Geflüchtete in Libyen: »Europa macht sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig«, weil die europäischen Regierungen mit den libyschen Milizen zusammenarbeite, lautet der Vorwurf. Weiter heißt es: »Wir brauchen freie und sichere Fluchtwege nach Europa. Alles andere ist Beihilfe zu einem Massenmord.«

Mit »gemorphten« Bildern in den Pässen wollen sie diesen sicheren Fluchtweg schaffen. Es verschmelzen dabei zwei Personen in einem Bild. Ein Pass mit einem solchen Bild haben sie für das erste Teil des Projekts bereits herstellen lassen. Ein Foto eines Mitglieds des Peng!-Kollektivs wurde mit einem Bild von Federica Mogherini, der Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, gemorpht. Laut Eigendarstellung will das Kollektiv den so entstandenden Pass sogar durch einen Hack in der Bundesdruckerei gedruckt haben.

P kleiner D. Die aktuelle Situation in Libyen und warum wir EU Pässe dort hin schicken

Der Sprecher von »Peng«!, der sich Billie Hoffmann nennt, erklärt gegenüber »nd«: »Auf diesem Wege könnten sich zwei Menschen einen Pass teilen. Doch die Frage ist, wer ist bereit seine Privilegien zu teilen?«

Vor der Aktion seien Künstler*innen aus dem Kollektiv nach Libyen gereist, um sich über die Lebensrealität der Menschen dort zu informieren und hätten Künstler*innen gesucht, die bereit wären mit Europäer*innen ihre Identität in einem Pass zu teilen. Hoffmann sagt: »Unsere Identitäten bestimmen sich durch alles Mögliche, auch durch die Möglichkeit zu reisen. Der Pass ist dabei ein Kontrollinstrument, mit dem die Behörden bestimmen können, wer wohin reisen darf und wer es nicht darf.«

Darüber hinaus gehe das Sterben im Mittelmeer weiter, selbst die libysche Küstenwache fahre nicht mehr aus, da der Krieg im Land erneut ausgebrochen sei, erzählt Hoffmann. Ihre Aktion sei daher auch ein Versuch, nicht mehr tatenlos zu zusehen. Und »sich Selbstbestimmung anzueignen«, so Hoffmann. Auf ihrer Webseite schreibt das Kollektiv dazu: »Während 2015 die Bilder sterbender Menschen an unseren Grenzen noch schockierte, scheint uns unsere Ohnmacht und rechte Propaganda abgestumpft zu haben. Die Regierungen kippen eine nach der anderen nach rechts.« Die gemorphten Pässe gäben mehr Möglichkeiten zur Selbstbestimmung, sagt Hoffmann.

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