Dieselautos drohen Fahrverbote

Verwaltungsgericht Berlin verhandelt eine Klage der Deutschen Umwelthilfe

Nach Informationen des Senders »rbb« prüft die Senatsumweltverwaltung Dieselfahrverbote für 20 Straßen, darunter die Leipziger Straße, die Hermannstraße, der Spandauer und der Mariendorfer Damm sowie die Sonnenallee.

»Fahrverbote können nur die letzte Option sein, wenn an belasteten Straßenabschnitten die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner nicht anders zu schützen ist«, findet die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Noch stehe jedoch nicht fest, ob an diesen Straßen die Einhaltung der Grenzwerte auch ohne Fahrverbote für Dieselautos zu erreichen sei. Denn die Wirkung von Tempo-30-Zonen sei in den Modellrechnungen noch nicht enthalten. »Dennoch kann es sein, dass das Verwaltungsgericht uns Fahrverbote auferlegt. Diese Entscheidung bleibt abzuwarten«, teilte die Senatsverwaltung am Freitag mit. Für den Fall der Fälle prüfe man verantwortungsvoll, welche Ausnahmeregelungen erlassen werden müssten und welche Diesel-Normen betroffen wären. Über Fahrverbote würde der Senat beraten und entscheiden, heißt es.

Am 9. Oktober verhandelt das Verwaltungsgericht Berlin eine bereits im Juni 2016 eingereichte Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen das Land Berlin. »Ziel ist die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid«, begründete die Umweltorganisation ihr Vorgehen jetzt. »Dieselfahrverbote sind die dafür am schnellsten wirksame Maßnahme und müssen in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden. Daran ändert auch das von der Bundesregierung am 2. Oktober 2018 vorgestellte und völlig unzureichende Konzept für saubere Luft nichts.« Im vergangenen Jahr habe die Senatsumweltverwaltung festgestellt, dass der Grenzwert an fast 500 Straßenabschnitten mit einer Gesamtlänge von rund 60 Kilometern überschritten wird. Dies zeige, so die DUH, dass das Problem der hohen Stickstoffdioxidbelastung nicht auf die Bereiche rund um die offiziellen Messstellen beschränkt sei. Die DUH möchte Fahrverbote für Dieselautos der Abgasnormen Euro 1 bis Euro 5 innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings und auf einigen anderen Straßen durchsetzen.

Das hält der Abgeordnete Henner Schmidt (FDP) für »völlig übertrieben und unverhältnismäßig«, zumal es in der Innenstadt nur einige Stellen mit deutlich erhöhten Stickoxidwerten gebe. »Es müssen stattdessen alle Möglichkeiten genutzt werden, um Dieselfahrverbote zu verhindern, denn diese würden vielen Menschen erschweren, in die Stadt zu kommen«, sagte Schmidt am Sonntag. Fahrverbote würden ihm zufolge besonders Gewerbetreibende, Handwerker und Menschen mit geringem Einkommen belasten, »die sich dann neue Fahrzeuge anschaffen müssten«. Der Abgeordnete empfahl andere Maßnahmen, beispielsweise digitale Verkehrslenkung, einen attraktiveren Öffentlichen Personennahverkehr, Leihfahrräder und Konzepte zur besseren Durchlüftung der Stadt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat Fahrverbote als eine kurzfristige Maßnahme zur Einhaltung der Grenzwerte für rechtmäßig befunden. In Hamburg sind schon zwei Straßen für ältere Dieselfahrzeuge gesperrt. In Stuttgart ist ein großflächiges Einfahrverbot ab 2019 geplant, und für die Innenstadt von Frankfurt am Main wurden kürzlich Fahrverbote gerichtlich angeordnet, die ab 2019 gelten sollen.

Der Bundesregierung schwebt vor, dass Fahrzeughalter eine Prämie vom Hersteller erhalten, wenn sie ihr Dieselauto der Abgasnorm Euro 4 oder 5 abgeben und ein modernes Auto kaufen oder leasen. Zudem wird um die Kosten der technischen Nachrüstung von Euro-5-Fahrzeugen gerungen. Die Autoindustrie will das nicht komplett allein bezahlen. Brandenburgs Verbraucherschutzminister Stefan Ludwig (LINKE) spricht mit Blick auf die Bundesregierung von einem »Politikversagen pur«. Umtauschprämien und Rabatte seien eine Beihilfe für die Industrie. »Der Käufer bezahlt den Betrug dann doppelt.«

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