Mit sprachlicher Wucht

Inger-Maria Mahlke hat mit ihrem Roman »Archipel« den Deutschen Buchpreis gewonnen

  • Lesedauer: 3 Min.

Die Berliner Schriftstellerin Inger-Maria Mahlke hat am Montag abend im Frankfurter Römer, dem Rathaus, mit ihrem Teneriffa-Roman »Archipel« den Deutschen Buchpreis gewonnen. Er gilt als wichtigste Auszeichnung der Branche. Er wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels vergeben. Siegerin Mahlke erhält 25 000 Euro.

Sie ist die erste Frau seit fünf Jahren, die den Deutschen Buchpreis gewinnt. Im Finale am Montagabend setzte sie sich gegen fünf andere Autoren durch. Außer ihr waren dieses Jahr noch Maria Cecilia Barbetta (»Nachtleuchten«), Maxim Biller (»Sechs Koffer«), Nino Haratischwili (»Die Katze und der General«), Susanne Röckel (»Der Vogelgott«) und Stephan Thome (»Gott der Barbaren«) nominiert.

Die Jury bezeichnete Mahlkes Buch, das als beste literarische Neuerscheinung des Jahres im deutschsprachigen Raum prämiert wurde als »eindrückliches Ereignis«. Die 40-jährige Autorin, deren Buch im Rowohlt Verlag erschienen ist, habe einen faszinierenden Blick für die feinen Verästelungen in familiären und sozialen Beziehungen. In ihrem Roman geht es um drei Familien aus unterschiedlichen sozialen Klassen auf Teneriffa, wo General Franco 1936 den faschistischen Putsch gegen die spanische Republik begonnen hatte.

Die in Hamburg geborene Autorin hat einen Teil ihrer Kindheit auf der Kanareninsel verbracht. Sie studierte an der Freien Universität Berlin Jura und arbeitete zuerst am Lehrstuhl für Kriminologie, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. 2005 war sie Teilnehmerin einer Autorenwerkstatt mit Herta Müller, was sie darin bestärkte, ihren Jura-Job aufzugeben. 2009 nahm sie an der Autorenwerkstatt des Literarischen Colloquiums in Berlin teil und gewann im selben Jahr in der Stadt den Open Mike.

Mahlkes 2010 bei Aufbau erschienener Debütroman »Silberfischchen« wurde von der Kritik gefeiert. Im »Spiegel« war zu lesen, sie hätte damals das Manuskript in anspruchsvollen Tagesschichten produziert: »Sie weint meist eine halbe Stunde lang, dann schreibt sie 16 Stunden durch.«

Mit dem historischen Roman »Wie ihr wollt« über die kleinwüchsige Mary Grey - eine Cousine von Königin Elizabeth I. - im England des 16. Jahrhunderts schaffte sie es bereits 2015 auf die Shortlist für den Buchpreis. Dieses Buch verkaufte sich 15 500 mal. »Archipel« ist ihr vierter Roman.

In der Rezension im »nd« schrieb Britta Steinwachs, Mahlke zeige eindringlich, »wie eng die eigene Familiengeschichte mit dem historischen Erbe eines ganzen Landes verbunden ist, wie der Einzelne in seiner Privatheit doch auch immer Teil einer zeitgeschichtlichen Erzählung ist«. Mahlke zeichne »eine Landkarte der kanarischen Geschichte in der Peripherie des Franco-Regimes im 20. Jahrhundert (…) Je mehr man liest, desto mehr nimmt die Erzählung an Fahrt auf und reißt einen jäh aus der Zeit, um einen direkt wieder mit sprachlicher Wucht in ein neues Szenario zu schleudern.«

Die Dankesrede der Autorin in Frankfurt wurde zu einer Solidaritätsadresse an die vor kurzem entlassene Rowohlt-Verlegerin Barbara Laugwitz. Mahlke hob deren »harte Arbeit« und Begeisterung für Bücher hervor. Laugwitz sei sich immer bewusst gewesen, »dass ein Autorenleben und künstlerische Produktion fragile Prozesse sind«.

Der Wechsel an der Spitze des Rowohlt-Verlags, der zum Holtzbrinck-Konzern gehört, hat für erheblichen Wirbel gesorgt. Zahlreiche prominente Autoren - auch Mahlke - haben dagegen protestiert. Laugwitz wollte sich nicht dazu äußern. Ihr folgt im Januar 2019 der Journalist Florian Illies nach, der zuvor als Kunsthändler und Autor tätig war. nd/ mit Agenturen

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