Die Fünfte Republik

Kalenderblatt

  • Ralf Klingsieck
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit einem Besuch am Grab und im Haus von General de Gaulle in Colombey-les-Deux-Eglises und einer Rede auf dem Festakt des Verfassungsrates in Paris hat Präsident Emmanuel Macron vor einer Woche den 60. Jahrestag der Inkraftsetzung der Verfassung der Fünften Republik gewürdigt. Dabei betonte er, diese Verfassung sei ein »solider Sockel«, müsse aber »stetig modernisiert« werden, um »auch weiterhin politische Stabilität zu sichern«. So kündigte er für Anfang kommenden Jahres eine Verfassungsänderung an, bei der unter anderem die Zahl der Abgeordneten und Senatoren reduziert, die Arbeit des Parlaments beschleunigt und das Mehrheitswahlsystem durch »etwas Verhältniswahlrecht ergänzt« werden soll.

Innerhalb von 60 Jahren hat es 24 Verfassungsänderungen in Frankreich gegeben, die wesentlich zur Langlebigkeit der Fünften Republik beigetragen haben dürften. Ihren Ursprung hatte diese 1958 in einer schweren politischen Krise angesichts des Krieges in Algerien und eines drohendes Putsches durch Militärs, die mit allen Mitteln die Unabhängigkeit der Kolonie verhindern wollten. In dieser Situation wandten sich führende Politiker des Landes an Charles de Gaulle, der seit zehn Jahren in Colombey im Ruhestand lebte und an seinen Memoiren schrieb, damit er - wie schon einmal 1940 im Londoner Exil - die Geschicke Frankreichs in die Hand nehmen sollte. Der General willigte unter der Bedingung ein, dass er freie Hand für eine neue Verfassung bekäme. Kern dieser wurde das Präsidialregime, das dem Staatsoberhaupt mehr Macht und Kompetenzen als in anderen demokratischen Staaten - auch viel mehr als in den USA - gab. Damit wurde die Instabilität der Vierten Republik beendet, wo angesichts der je nach Thema ständig wechselnden Koalitionen im Parlament häufig eine Regierung auf die andere folgte.

Die Verfassung wurde per Volksentscheid angenommen und am 4. Oktober 1958 in Kraft gesetzt. Über einen weiteren Volksentscheid 1960 setzte General de Gaulle durch, dass der Präsident direkt von den Franzosen und nicht mehr vom Parlament gewählt wird. Das Präsidialregime hat seinerzeit der oppositionelle Abgeordnete François Mitterrand als »permanenten Staatsstreich« gegeißelt, doch als er selbst Präsident wurde, wusste er diese Machtfülle sehr wohl zu schätzen, ebenso seine Nachfolger. Linke Kräfte wie die Kommunisten und Mélenchons Bewegung La France insoumise fordern hingegen dessen Ablösung und eine Sechste Republik.

Ralf Klingsieck, Paris

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