Hallo-Sagen ist nicht mehr

Ist wirklich die Sprachbarriere der Zugezogenen Schuld an der neuen Berliner Anonymität?

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Wer vom Dorf kommt, kennt das: Begegnet man sich auf der Straße, wird gegrüßt. Dieselbe Sitte, sich einen guten Tag zu wünschen, gab es in der Metropole bis vor Kurzem auch. Natürlich nur im Kleinen: Also im eigenen Hausflur oder im Hinterhof des Mietsgebäudes, das man bewohnt. Natürlich will niemand den ganzen Tag als Grüß-August durch Berlin laufen. Aber Nachbarn sagte man Hallo, das gehörte zur heimeligen Kiezkultur dazu wie Schrippen zum Bäcker.

Doch in einer wachsenden Stadt gelten nicht mehr die alten Regeln. Mit den Zugezogenen ändert sich einiges. Auch das gegenseitige Grüßen scheint dazu zu gehören. Theoretisch kann es dafür diverse Ursachen geben. Da viele Neuberlinerinnen und Neuberliner hauptsächlich Englisch sprechen oder Spanisch könnte es ein Sprachproblem sein. Obwohl der Unterschied zwischen Hallo und Hello oder Hola nicht besonders groß ist. Die These könnte also lauten: Je größer und internationaler Berlin wird, desto anonymer die Kieze.

Es gibt aber auch noch eine andere Erklärung. Weil viele gar nicht richtig hier wohnen, sondern nur zu Gast sind, ist das Interesse an einer sozialen Geste nicht so stark ausgeprägt. Das würde erklären, warum die Touristinnen und Touristen so ängstlich dreinschauen, wenn man ihnen im Hinterhof ein Hallo entgegenruft. Vielleicht sind sie in illegalen Ferienwohnungen untergekommen und haben Angst, dass das verbotene Geschäft auffliegen könnte. Das würde zumindest manch seltsamen Gesichtsausdruck erklären.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.