• Berlin
  • Landesbank-Skandal 2011

Landesbank weg, Geld geblieben

Regierender Bürgermeister: Plus/minus null aus der Katastrophe herausgekommen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir sind plus/minus null aus der Katastrophe der Bankgesellschaft Berlin herausgekommen«, sagt der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit feierlicher Miene am Dienstag im Roten Rathaus. Eine »große Erleichterung« sei das. Anlass für den Auftritt zusammen mit seinem Parteifreund und Finanzsenator Matthias Kollatz ist, dass die berlinovo nun nicht mehr auf Bürgschaften des Landes angewiesen sei. Denn die einst als Bad Bank der Bankgesellschaft gegründete berlinovo ist nun finanziell soweit gesundet, dass die zuletzt 3,8 Milliarden Euro an Kreditgarantien nicht mehr benötigt werden. »Es ist gelungen, durch Ausschreibungen am Markt unverbürgt zu ähnlichen Konditionen Kredite zu bekommen wie verbürgt«, erläutert Kollatz.

Rückblick: 2001 kam die horrende Schieflage der Bankgesellschaft Berlin ans Licht der Öffentlichkeit. Allein schon die rechtliche Konstruktion der Bank mit öffentlich-rechtlichen und privatwirtschaftlichen Teilen des 1994 gegründeten Instituts galt als bemerkenswert. Noch mehr waren es die Immobilienkredite und die für Anleger äußerst günstigen Immobilienfondsangebote. Zunächst musste der CDU-Politiker Klaus-Rüdiger Landowsky seinen Hut nehmen, im Juni 2001 stürzte auch der Senat des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU), weil die SPD die Koalition aufgekündigt hatte. Natürlich waren auch die Sozialdemokraten nicht ganz unschuldig, waren sie doch im aus West-Berliner Zeiten geerbten Filz gut verwoben. Der aus den Neuwahlen hervorgegangene rot-rote Senat unter dem Regierenden Klaus Wowereit (SPD) übernahm schließlich Kreditbürgschaften aus Immobilienrisiken von 21,6 Milliarden Euro. Das entsprach damals einem knappen Berliner Jahreshaushalt.

»Wir hatten das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen zu jener Zeit als ständigen Gast in den wöchentlichen SPD-Fraktionssitzungen«, berichtet Müller, der als »Zeitzeuge« zum Pressetermin gekommen ist, wie er sagt. »Man wollte mit den Elefanten spazieren gehen«, sagt Kollatz über den Berliner Größenwahn der Nachwendezeit, der im Bankenskandal mündete.

Als »wichtigen Schritt zu einem wirtschaftlich stabilen und erfolgreichen Berlin« bezeichnet der Regierende das Ergebnis. »Wenn wir weiter Risiken reduzieren, bekommen wir noch mehr Spielraum«, sagt Müller. Er meint die Schulden des Landes, die noch bei 58 Milliarden Euro liegen. Die angekündigten Investitionen des Siemens-Konzerns in Höhe von 600 Millionen Euro und die Exzellenzstrategie der Universitäten »werden weitere positive Effekte bringen«, so der Senatschef.

Perspektivisch soll aus der berlinovo eine ganz normale landeseigene Wohnungsbaugesellschaft werden. Doch bis es soweit ist müssen die verbliebenen 299 Fondszeichner ihre Anteile verkaufen. Ziel des Finanzsenators ist, dies bis 2025 zu erreichen. Es geht noch um ein knappes halbes Prozent der Anteile.

Mit 14 000 Wohnungen, 6500 Apartments und 2800 Studentenapartments, von letzteren erst 585 realisiert, leiste berlinovo schon einen Beitrag zur Daseinsvorsorge, so Kollatz. Außerdem sollen Unterkünfte für 7500 Flüchtlinge entstehen, ein weiterer Standort mit 500 Plätzen ist bereits fertig.

Kritik an der berlinovo kommt von der FDP. Deren haushaltspolitische Sprecherin Sibylle Meister hält die Vermietung von möblierten 2-Zimmer-Appartements für 1400 Euro monatlich für »keine Aufgabe einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft«. auch die mietenpolitische Sprecherin der Grünen, Katrin Schmidberger, kritisiert, dass das Unternehmen nicht an die Preisbegrenzungen der Landeseigenen gebunden ist. »Ich erwarte, dass die berlinovo an die Vorgaben des Wohnraumgesetzes gebunden ist«, erklärt sie auf nd-Anfrage. »Die berlinovo nimmt im soliden Umfang Mieterhöhungen vor, beteiligt sich aber nicht am spekulativen Wettlauf«, entgegnet der Finanzsenator.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal