Die verkürzte Verkürzung

Velten Schäfer bricht eine Lanze für die Wut auf Banken

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.

Gewiss: Es ist einfach, Banken den Mittelfinger zu zeigen. Und längst nicht alle, die das tun, möchte man zum Kaffee treffen: Es gibt Leute, aus denen dann jener hierzulande einst verhängnisvoll populäre Bankenkritiker spricht, auf den unweigerlich stößt, wer eine Internetsuchmaschine mit »Wucher«, »Hochfinanz«, »Bank« oder auch »Schlachtbank« füttert.

Doch lauert auch anderswo eine höchst ärgerliche bankenbezogene Redensart. Sie wird von irgendwie linksstehenden Menschen zumeist auf Englisch auf Flugzettel, Demotransparente oder in Sozialnetzwerke geschrieben: »Fight the game, not the players«. Aktuell hört man den Merksatz oft als mahnende Replik auf Wutausbrüche, in denen sich Menschen über die Verbrecher echauffieren, die in jüngerer Vergangenheit mit Steuerbetrugsmaschen den Fiskus um Milliarden betrogen haben.

Dass man als fortschrittlich-analytischer Mensch das »Spiel« und nicht nur die »Spieler« bekämpfen solle, ist im Allgemeinen ja schon richtig. Im Besonderen ist der Mahnsatz freilich eine Katastrophe: »Verkürzt« nämlich, so geht er ja weiter, wer bloß die Banker hasst, die Kritik am Kapitalismus auf die »Zirkulationssphäre« - und gerät dann »strukturell« ins Fahrwasser jenes eingangs zitierten Bankenkritikers?

So viel Unterstellung ist nicht nur infam. Der oft mit allerlei Marxworten aufgepeppte Stehsatz ist zudem völlig unpolitisch: Wie soll in der wirklichen Welt etwas Systemisches bekämpft werden, ohne Akteure zu fokussieren? Am schlimmsten aber ist jene Verkürzung des Verkürzungsarguments, die buchstäblich alle Aktivitäten der sogenannten Finanzindustrie als im Kapitalismus »systemisch angelegt« erklärt und so vor lauter Verkürzungsangst einen rhetorischen Schutzwall um die Banker errichtet.

Das gibt es wirklich: Erst jüngst wurde der Autor bedenkenschwer vor »strukturellen« Verschwörungstheorien gewarnt, als er spontan und in kraftvollen Worten die Betreiber des Geldautomaten in seiner Straße verfluchte. Da hatte er sich, um jene Neppgebühren zu umgehen, die solche Maschinen üblicherweise erheben, eigens - gegen Gebühr, wie sich versteht - eine spezielle Kreditkarte ausstellen lassen, auf die diese Beträge nicht erhoben würden, weil das ausgebende Institut an den Automatenbetreiber wiederum Gebühren zahlt.

Und dann informierte ihn der Apparat bereits beim dritten Besuch in Folge, dass Kreditkarten derzeit nicht funktionierten, aus »technischen Gründen« und selbstredend »leider«. Mit der Volksbankkarte, bei der das Auswerfen eines Fünfzigers fünf Euro kosten soll, gibt es hingegen nie Probleme.

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