DGB-Chef: Keine Räume an Antifa mehr vermieten

Gewerkschafter meinen, es sei unklar, ob Äußerungen praktisch zu mehr Abgrenzung gegenüber Antifa-Gruppen führen werden

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Wir sind nicht die Antifa und werden in Zukunft keine DGB-Häuser an »gewaltbereite Gruppen« vermieten - gemeint ist die Antifa. So positionierte sich DGB-Chef Reiner Hoffmann am Dienstag in einem Grußwort zu einer längeren Debatte und rechten Kampagne. Von Antifa-Gruppen müsse man sich »den Kampf gegen Rechts nicht erklären lassen«, erklärte Hoffmann auf dem Bundeskongress der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin.

Der kommt alle vier Jahre zusammen. Neben der Vorstandswahl geht es bei dem viertätigen Treffen im Estrel-Hotel in Berlin auch »langfristige zentrale inhaltliche Positionen«. Die GdP ist Mitglied im DGB und hatte neben rechten Kreisen immer wieder gegen die Vermietung von Gewerkschaftsräumen an antifaschistische Gruppen mobilgemacht.

Im Oktober vergangenen Jahres etwa wurde den Veranstaltern des »Antifakongress« in München erst die Nutzung von Räumen des Gewerkschaftshaus zugesagt. Nach einem Artikel der rechten Website »Journalistenwatch« und Polizeigewerkschafterkritik an fehlender Abgrenzung zu Gewalt kündigte der bayrische DGB den Veranstaltern die Räumlichkeiten. Nach breiter Kritik aus der Gewerkschaft und vonseiten der Zivilgesellschaft ruderte die Gewerkschaftsspitze zurück.

Ein ähnliches Manöver versuchte die Polizeigewerkschaft im Februar in Frankfurt. Die lokale GdP in Frankfurt am Main zeigte sich »erschüttert«, dass die »Antifa United Frankfurt« Räume für Veranstaltungen nutzen konnte. Mit dem allgemeinen Verweis auf »linksradikale Straftäter«, die auf Demonstrationen Polizisten angreifen würden, meinten die Polizeigewerkschafter eine Vermietung von Gewerkschaftsräumen an »radikale Gruppierungen« dürfe es nicht geben. Der DGB in Frankfurt entschied sich anders als die Gewerkschaftsspitze in München und zog die Zusage der Räume nicht zurück.

Nach DGB-Pressesprecherin Nora Heye ist laut Beschluss des DGB-Bundesvorstands vom April eine Vermietung von Gewerkschaftsräumen an »Dritte immer dann möglich, wenn diese die demokratische und rechtsstaatliche Grundordnung achten, nicht zu Gewalt aufrufen, gewaltverherrlichend oder fremdenfeindlich sind sowie Intoleranz entschieden entgegentreten«.

Ein »fatales Signal« und »nicht hilfreich für eine antifaschistische Position« in den Gewerkschaften seien die Äußerungen Hoffmanns, heißt es dazu aus DGB-Kreisen gegenüber »nd«. Es gebe keine Gefahr von links, sondern einen Rechtsruck, gegen den alle Antifaschisten zusammenhalten müssten. Doch aus dem Gewerkschaftsapparat kommt auch Verständnis für Hoffmann. Gewerkschaften seien nun einmal »in erster Linie Arbeitnehmerorganisationen«, auch wenn das manchmal widersprüchlich sei. Polizisten hätten eben auch ein Anrecht auf Schutz bei ihrer Arbeit.

Ob die Äußerungen Hoffmanns vor Ort nun zu mehr Abgrenzung gegen Antifa-Gruppen führen werden, ist unklar. Vor Ort halte sich an die Politik der Gewerkschaftsspitze »der eine mehr dran und der andere weniger«, meint eine Gewerkschaftsfunktionärin gegenüber »nd«. Sie warnt aber auch: »Wenn Hoffmann etwas sagt, dann ist das nicht nur etwas, was er selber meint, sondern das fußt auf einer Diskussion in der Gewerkschaftsspitze«.

»Ich finde das bedauerlich, das die DGB-Spitze so niederkniet vor der GdP«, sagt Emily Laquer von der Interventionistischen Linken (IL). Sie meint Gewerkschaften sollten »antifaschistische Bollwerke sein« und »da reicht es nicht aus sich wie Hoffmann nur auf historische Traditionen zu berufen«. Praktisch Bollwerk sein hieße sich auch tatsächlich in der Gegenwart Rechten entgegen zustellen und zusammen zu halten »und das tut Hoffmann nicht«.

Als positives Gegenbeispiel verweist die IL-Aktivistin auf die IG-Metaller, die im April AfD-Chef Björn Höcke in Eisenach aus einer Demonstration drängten. Laquer vertraut darauf, dass sich »die antifaschistische Basis durchsetzt« und »Gewerkschafter mit Haltung« sich der Politik der Gewerkschaftsspitze entgegenstellen.

Und sie wendet sich auch gegen eine weitere Aussage Hoffmanns aus seinem Grußwort. In diesem wirft der DGB-Chef Antifa-Gruppen »ideologische Verblendung« und eine Gleichsetzung des Rechtsstaates mit dem »NS-Staat« vor. »Gerade die Skandale um den Verfassungsschutz und die sächsische Polizei haben gezeigt, dass Antifa-Engagement auch rechtstaatliche Institutionen kritisieren muss«, meint Laquer.

Anmerkung:
Auf Facebook und Twitter wiesen uns Nutzer daraufhin, das laut veröffentlichtem Redemanuskript Hoffmann von »gewaltbereiten Gruppen« und nicht von »Antifa« gesprochen habe, als es um die Vermietung von Gewerkschaftsräumlichkeiten ging. Ein kleiner, aber eventuell wichtiger Unterschied. Die GdP selber hatte einen entsprechenden Tweet mit dem Satz »Deshalb werden wir in Zukunft keine DGB-Häuser an die Antifa vermieten« verbreitet und diesen später gelöscht. Gegenüber »nd« verweist die GDP Pressestelle nur auf das Redemanuskript und erklärt die spätere Löschung des Tweets so: »Der Kollege im Saal hat es möglicherweise nicht korrekt mitbekommen, das passiert schon einmal im Eifer des Gefechts. Wir haben das zurückgezogen, damit ist die Sache für uns erledigt«.

Laut einem Audiomitschnitt der Rede, die mittlerweile »nd« vorliegt hat sich Hoffmann genau an das Redemanuskript gehalten. Weil im Kontext der Rede deutlich wird, dass »die Antifa« insgesamt gemeint ist, haben wir die Anführungszeichen entfernt, um aus dem Wortzitat eine sinngemäße Zusammenfassung unsererseits zu machen und die Formulierung »gewaltbereite Gruppen« in den Satz aufgenommen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal