Die Rohstoffe gehen zur Neige

Natürliche Knappheit und steigende Nachfrage

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 2 Min.
Beim Weltwirtschaftsgipfel in Heiligendamm geht es auch um die Frage von Mindeststandards beim internationalen Handel mit Rohstoffen. Dies wird immer wichtiger, da überlebenswichtige Ressourcen knapp werden.
Rohstoffe werden wieder, was sie eigentlich schon immer waren: knapp. Die Bundesregierung warnt in ihrem jüngsten Umweltbericht gar vor einem dramatischen Mangel. Im Jahr 2050 werde die Weltbevölkerung auf neun Milliarden Menschen gestiegen sein, doch schon bei derzeit sechs Milliarden schwinden die Ressourcen drastisch. Nicht allein bei Öl und Gas, die im Fokus von Öffentlichkeit und Politik stehen, sondern auch bei den von der Industrie benötigten Rohstoffen wie Erz, Kupfer oder Stahl zeichne sich eine wachsende Knappheit ab. Dies schlägt sich auch auf den Preis nieder. So machen schon heute die reinen Materialkosten 50 Prozent des Preises für ein Auto aus. »Wir müssen unsere Ressourcenpolitik dramatisch ändern«, fordert Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Noch könnte der weltweite Bedarf an Kupfer aus aktiven Bergwerken 30 Jahre lang und für Nickel sowie Kobalt noch etwa 25 Jahre bedient werden, schätzt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Und die bereits entdeckten Vorkommen decken noch mal die gleiche Zeitspanne ab. Diese Zeiträume erscheinen auf den ersten Blick lang, sind aber doch überschaubar genug, um heute schon die Weltmarktpreise für Industrierohstoffe in die Höhe zu treiben. Vor fünf Jahren begann der anhaltende Preisanstieg, der den jahrzehntelangen »trendmäßigen Rückgang« der realen (inflations- und währungskursbereinigten) Rohstoffpreise umgekehrt hat, wie aus dem vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut errechneten HWWA-Index (s. Tabelle) hervorgeht. Zuvor hatten die reichen Industrieländer des Nordens von den schwachen Realpreisen auf Kosten des armen Südens profitiert. Vor allem die Menschen in Afrika und Südamerika zahlen aber die Zeche weiterhin. Gepuscht werden die Preise freilich nicht allein von natürlicher Knappheit, sondern auch vom Aufschwung der Weltwirtschaft, der wachsenden Produktion in den Industriestaaten sowie vom Heißhunger Chinas und Indiens auf Rohstoffe. Zudem haben Finanzinvestoren die globalen Rohstoffmärkte als Spekulations-Spielwiese entdeckt. Im Ergebnis rechnen viele Ökonomen und Bankanalysten mit einem dauerhaften Hoch der Preise für Kupfer, Nickel, Öl und Gas. Rohstoffe formen Wirtschaft und Klima, sie werfen aber auch die Frage nach Krieg und Frieden auf. Im 19. Jahrhundert tobte der bis heute legendärste Streit um Rohstoffe, der Salpeter-Krieg. Das Salz in der südamerikanischen Atacama-Wüste war 1879 als kostbarer Dünger und Bestandteil von Schießpulver und Sprengstoff unersetzlich. Fünf Jahre lang kämpften Chile, Bolivien und Peru. Salpeter wurde bald nach Kriegsende in Europa synthetisch hergestellt, dafür fand sich in der kargen Sandwüste Kupfer. Heute ist Chile der größte Kupferexporteur der Welt.

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