- Kommentare
- Flüchtlinge
Unsichtbares Sterben
Alexander Isele über tödliche Fluchtrouten und das Kalkül der EU
Auch wenn sich am Anblick ertrinkender Menschen im Mittelmeer kaum noch jemand zu stören scheint, sind sie zumindest sichtbare Zeugen der menschenverachtenden Politik, mit der das reiche Europa sich mit aller Gewalt gegen jedwedes Teilen wehrt. Dass die Teiletappe Sahara auf dem Weg nach Europa ebenfalls eine Todesfalle sein kann, ist weit weniger Thema - auch, weil das Sterben dort nicht sichtbar ist. 567 Menschen haben 2018 den Versuch, die Wüste zu durchqueren, nicht überlebt oder gelten seither als vermisst. 559 Menschen haben es im vergangenen Jahr nicht einmal bis dahin geschafft und sind auf der Flucht bereits südlich der Sahara umgekommen. Die Dunkelziffer ist vermutlich viel höher.
Die EU versucht schon seit Jahren mit faulen Deals, die Menschen daran zu hindern, die klapprigen Boote im Süden des Mittelmeeres zu erreichen - und somit ins Blickfeld der hiesigen Nachrichten kommen zu lassen. Aus den Augen, aus dem Sinn, so das Kalkül. Genau deshalb bildet die EU-Grenzbehörde Frontex Polizeipersonal in den verschiedensten Staaten Afrikas aus, bezahlt durch die EU: Vor der eigenen Haustür stört das Sterben noch. Wo es nicht mehr sichtbar ist, kaum noch. Die dreckige und brutale Gewalt, Menschen festzuhalten, ist deswegen nicht weniger tödlich.
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.