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Das bisschen Sand fällt nicht ins Gewicht

Steffen Schmidt im Interview über künstliche Inseln

Dänemark hat zu wenig Platz und will deshalb südlich von Kopenhagen künstliche Inseln aufschütten.

Die Dänen auch? Nicht nur die Chinesen?

Im Interview

Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenschaftsredakteur des »nd« und der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort - und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere.

Ines Wallrodt fragte ihn nach künstlichen Inseln.

Ja, aber die Dänen erweitern ihr eigenes Land. Da gibt es keinen Ärger mit den Nachbarn.

Hauptsache, sie bauen nicht wieder eine Brücke, von der bei Sturm die Laster davonwehen.

Ich frage mich eher, was passiert mit dem Wasser, das verdrängt wird. Heißt es dann irgendwo anders »Land unter«?

Das bisschen Sand fällt nicht weiter ins Gewicht. Das Abschmelzen der Gletscher auf Grönland erhöht den Meeresspiegel auf jeden Fall deutlich mehr.

Wenn das eine gute Lösung ist, hätte ich noch ein paar andere Ideen: Raum für neue Wohnungen, eine neue tolle Urlaubsinsel.

Wird alles schon gemacht. In Dubai haben die Scheichs die herrliche Idee gehabt, ein Inselreich für betuchtere Kundschaft zu errichten. Als Luftbild sieht das sehr hübsch aus, da ist es eine Palme. Dumm war nur, dass die Wasserzirkulation nicht funktioniert hat, so dass das schnell zu einer übelriechenden Angelegenheit wurde. Aber um den Mangel an billigen Wohnungen auszugleichen, dafür ist das Ganze viel zu teuer.

Man braucht ziemlich viel Sand dafür.

Ich nehme an, dass die Dänen aus Kostengründen Sand aus der näheren Umgebung nehmen werden. Allerdings habe ich Zweifel, ob das auf Dauer reicht, weil der Seesand aus Europa ein recht begehrter Baustoff ist. Die Ölstaaten in Arabien haben zwar richtig viel Sand, aber der ist zu rund und taugt nicht für Beton.

In Tagebaugebieten ist ja viel übrig.

Das stimmt. Aber mit dem Tagebausand ist auch kein Staat zu machen, weil er nicht unbedingt günstig liegt, um ihn in die Ostsee zu kippen. Ohnehin ist ja eines der kleinen Probleme, gerade im Osten Deutschlands, dass hier noch nach der Wiedervereinigung das DDR-Bergrecht für Kies- und Sandgruben weiter galt. Unabhängig davon, wie die örtliche Behörde oder der Grundbesitzer das sahen, konnte dort jederzeit jemand das Abraumbaurecht erwerben.

Ein Gesetz zur Enteignung also?

Wenn man so will. Wie alle diese Sonderrechte hat es seine Wurzeln noch im Feudalzeitalter, wo das Abbaurecht an Rohstoffen bei den Fürsten lag. Das Haus Habsburg zum Beispiel hat seine Bergbaurechte an Fugger und Welser verpfändet, da die Fürsten in der Regel ihre Schulden nie zahlen konnten.

Und das gilt jetzt noch?

Bei Kiesgruben nicht mehr, aber für Kohle galt auch im Westen das Bergrecht. Egal, was Land, Naturschutz oder sonst wer meinen, da wird eben trotzdem frisch-fröhlich weiter abgebaggert.

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