Alle BVG-Bereiche im Warnstreik

Ver.di verleiht Tarifforderungen Nachdruck / Erhebliche Einschränkungen erwartet

  • Nicolas Šustr und Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Mehrere Tausend Beschäftigte werden für 9 Uhr an diesem Freitagmorgen vor der Zentrale der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) in der Holzmarktstraße erwartet. Aller Voraussicht nach wird der Warnstreik, zu der die Gewerkschaft ver.di die rund 14 500 Beschäftigten bei dem Nahverkehrsunternehmen aufgerufen hat, große Teile des U-Bahn-, Bus- und Tramverkehrs lahmlegen. Die BVG selber ging im Vorfeld davon aus, noch 21 Buslinien am Stadtrand, die von Subunternehmen gefahren werden, aufrechterhalten zu können und außerdem die BVG-Fähren. Da ver.di den Warnstreik frühzeitig Anfang der Woche bekannt gemacht hatte, waren potenzielle Fahrgäste vorgewarnt. Die S-Bahn wollte zur Kompensation zusätzliche Zugfahrten auf den Linien S1 und S5 anbieten.

Dass der Verkehr bei der BVG nach dem geplanten Streikende um 12 Uhr wieder reibungslos in Gang kommt, erschien am Donnerstag unwahrscheinlich. Hintergrund sind unterschiedliche Auffassungen über die Gültigkeit einer abgeschlossenen Notdienstvereinbarung zwischen ver.di und der BVG. In einem Brief, der »nd« vorliegt, teilte BVG-Personalvorstand Dirk Schulte der Gewerkschaft am Mittwoch mit, dass aus Sicht des Unternehmens keine Situation vorliege, in der eine Notdienstvereinbarung zum Tragen komme, weil diese Maßnahme für Situationen vorgesehen sei, »in denen es zu unbefristeten oder zumindest längerfristigen Streikmaßnahmen« komme. Diese Einschätzung wiederum wurde bei den Beschäftigten in Anbetracht der Gespräche im Vorfeld, wie aus einer internen Streikkommunikation hervorgeht, als »klare Provokation und Wortbruch« gewertet.

»Die vereinbarte Anwendung der Notdienstvereinbarung sollte ein Chaos während und vor allem nach dem Streik verhindern. Da dies nun nicht gewollt ist, muss der Vorstand der BVG mit massiven Einschränkungen in allen Bereichen rechnen«, hieß es. Dass die Auswirkungen des Streiks auch auf die Zeit nach Ende des Arbeitskampfes ausstrahlen könnten, dafür lege die Verantwortung »klar beim Vorstand der BVG«, hieß es in einer internen Nachricht der Streikenden. Für zusätzlichen Unmut bei den Beschäftigten sorgte darüber hinaus die Ankündigung der Verkehrsbetriebe, »arbeitswillige Beschäftigte nicht auszusperren«.

Die Gewerkschaft ver.di fordert in den laufenden Tarifverhandlungen eine Absenkung der Arbeitszeit, eine verbesserte Eingruppierung, die Einführung eines Weihnachtsgeldes sowie einen Bonus für Gewerkschaftsmitglieder.

Der nächste Verhandlungstermin für die Gespräche zwischen Arbeitgebern und ver.di ist für den 5. März vorgesehen. Der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) hatte zuletzt erklärt, dass er zuversichtlich sei, dabei »einen entscheidenden Schritt weiterzukommen«, wie Verhandlungsführerin Claudia Pfeiffer sagte. Gut möglich, das nach dem Warnstreik am Freitag die Arbeitgeber beim nächsten Termin auch ein Tarifangebot vorlegen, das bislang - zum Ärger der Gewerkschaft - nicht vorliegt.

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