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Schizophrenes Sozialsystem
Marie Frank hält Computer für einen Teil der Grundsicherung
Das Urteil, das heute am Sozialgericht Berlin gefallen ist, ist ein Schlag ins Gesicht für alle Familien, die auf Hartz IV angewiesen sind. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass dieses System strukturell diskriminierend ist und nicht dazu dient, erwerbslose Menschen zu integrieren, sondern sie auszugrenzen und ganz unten zu halten. Wie sonst ließe sich erklären, dass die Jobcenter Hartz-IV-Empfängern derart elementare Dinge wie einen Computer mit Internetzugang verweigern?
In unserer digitalisierten Welt sind Computer unverzichtbar. Auch in den Schulen wird immer mehr digital gearbeitet. Das mag man gut oder schlecht finden, aber es ist die Realität. Dass nun ein Schüler, der sich keinen eigenen Computer leisten kann, in die öffentliche Bibliothek gehen soll, um Zugang zu einem PC zu bekommen, ist einfach nur zynisch. Schon für Erwachsene wäre das unzumutbar, wie kann man das von einem Kind verlangen? Sollen Kinder aus armen Familien etwa den ganzen Tag unbeaufsichtigt außer Haus sein, um ihre Hausaufgaben zu machen?
Angesichts der digitalen Anforderungen an Schulen brauchen Schüler einen privaten Computerzugang, anders ist eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht nicht mehr möglich. Können sie es sich nicht leisten, muss ihnen im Sinne der Chancengleichheit ein PC zur Verfügung gestellt werden. Und zwar nicht vom Land Berlin, das nicht einmal genug Geld für ausreichend Schulbücher zur Verfügung hat, sondern von den Jobcentern, die für die Grundsicherung zuständig sind.
Dass diese das verweigern, zeigt die Schizophrenie des Hartz-IV-Systems, das permanent seine eigenen Kunden reproduziert: Kinder aus diesen Familien werden ohne Computer im digitalisierten Unterricht abgehängt, haben später keine Chance auf dem Arbeitsmarkt und landen dementsprechend wieder im Transfersystem. Es ist ein sinnloses und menschenunwürdiges System, das so schnell wie möglich abgeschafft werden muss.
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