Die Hessenaxt der »FAZ«

Der Historiker Robert Focken huldigt dem General Paul von Lettow-Vorbeck, der am Völkermord an den Herero und Nama beteiligt gewesen war

  • Nelli Tügel
  • Lesedauer: 2 Min.

»Arnulf - Das Schwert der Sachsen« oder »Arnulf - Die Axt der Hessen«: so heißen die Bücher, mit denen Robert Focken es im Segment der Mittelalterliteratur zu etwas gebracht hat. Als Historiker oder Experte für deutschen Kolonialismus ist der 1963 im ostwestfälischen Höxter geborene Focken indes nicht bekannt. Dennoch veröffentlichte er in der Montagsausgabe der »FAZ« einen Text von epischer Länge, in dem der Kolonialgeneral Paul von Lettow-Vorbeck, der am Völkermord an den Herero und Nama zwischen 1904 und 1908 beteiligt war, als vermeintlich genialer Stratege verharmlost wird. Damit huldigt Focken nicht nur einem Kriegsverbrecher - er lässt auch den aktuellen Stand der Forschung mal eben links liegen.

Trotz Anfrage bei der »FAZ« bleibt es ein Rätsel, weshalb sich ausgerechnet Focken auf einer ganzen Seite über von Lettow-Vorbeck ausbreiten durfte. Nichts scheint ihn dafür zu qualifizieren. Vielleicht lag es aber einfach daran, dass er bei dem Blatt laut seiner Homepage einst volontierte - und zwar nachdem er 1984 das Abitur abgelegt, als Zeitsoldat gedient und als »Feierabend-Reporter« tätig gewesen war. Nach dem »FAZ«-Volontariat wiederum folgten »längere Reisen«, ein Studium der Geschichte in Bonn - und schließlich der Einstieg ins Finanzgeschäft. Focken ist nämlich nicht nur Romanautor, sondern auch »Head of Sales« der Proaktiva GmbH, die Vermögen verwaltet.

Mit der Geschichtswissenschaft scheint es der inzwischen im Vordertaunus heimische Mann nicht so genau zu nehmen: Forschung und Fiktion gehen offenbar ineinander über. Er selbst schreibt, seine »Mission« sei es, »deutschen Lesern wieder ihre Vergangenheit näher zu bringen«. Dafür wolle er »so lange Bücher über knackige Typen zwischen Weser und Rhein, zwischen Elbe und Donau« schreiben, »bis irgendein Hollywoodregisseur erkennt: Die Welt muss davon erfahren!« Es sei so mancher Held »der letzten tausend Jahre in der Rumpelkammer unserer Erinnerung gelandet«, bedauert Focken. Der Kriegsverbrecher Paul von Lettow-Vorbeck gehört für ihn offenbar auch dazu.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal